Die Berliner Kältehilfe startet mit weniger Übernachtungsmöglichkeiten für Obdachlose in die neue Saison als im Vorjahr. Ab 1. November stünden zunächst 689 Notübernachtungsplätze zur Verfügung, durchschnittlich etwa 240 weniger als in der vergangenen Wintersaison, wie die Träger der Kältehilfe, Diakonie, Caritas und Deutsches Rotes Kreuz (DRK) am Mittwoch in Berlin mitteilten. Es sei von Senatsseite jedoch geplant, die Zahl bis Ende des Jahres auf 1.000 Notübernachtungsplätze auszubauen. Dazu sollen drei freigezogene Notunterkünfte für Flüchtlinge hergerichtet werden, hieß es.
Neben Kältebussen der Berliner Stadtmission wird in den kommenden fünf Monaten auch das DRK in den Abendstunden mit einem Bus unterwegs sein. Die Busse verteilen Schlafsäcke und Winterkleidung und fahren Hilfsbedürftige zu Notunterkünften. Über das Kältehilfetelefon können hilflose Menschen gemeldet werden. Erstmals können Helfer wie Bedürftige mit einer Smartphone-App auf die Angebote der Kältehilfe zugreifen.
Überforderung der Kältehilfe
Die Wohlfahrtsverbände gehen von rund 40.000 Wohnungslosen in Berlin aus, wovon zwischen 4.000 und 6.000 auf der Straße leben und obdachlos sind. In der vergangenen Kältehilfesaison registrierten 26 Notübernachtungen und 14 Nachtcafes insgesamt etwa 101.000 Übernachtungen, ähnlich viele wie in der vorangegangenen Saison. Zum Schluss standen im Durchschnitt 925 Schlafplätze zur Verfügung. Stark überlastet waren Einrichtungen in der Innenstadt, wie etwa die Notunterkunft der Berliner Stadtmission in der Lehrter Straße.
Angesichts steigender Obdachlosenzahlen warnte die Berliner Diakonie-Chefin Barbara Eschen am Mittwoch vor einer Überforderung der Kältehilfe. Sie dürfe nicht der Ersatz für eine unzureichende Wohnungslosenhilfe des Senates und der Bezirke sein, sagte Eschen. Die Tatsache, dass sich die Zahl der Übernachtungsplätze in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdreifacht habe, wertete Eschen als Beleg für Fehler im "regulären Hilfesystem". Die Kältehilfe sei eigentlich nur ein Angebot für jene Menschen, die ansonsten von der Sozialhilfe nicht erreicht würden.
Der Leiter der Kältehilfe bei der Berliner Stadtmission, Ulrich Neugebauer, sagte, das Hilfesystem in den kalten Monaten sei längst zu einer "niedrigschwelligen Regelversorgung" geworden, eine Notlösung für fünf Monate, bevor "das Elend" im Frühjahr wieder für die Berliner sichtbar werde.
Caritasdirektorin Ulrike Kostka forderte angesichts der zunehmenden Wohnungsnot in Deutschland einen Gipfel im Kanzleramt. "Bund, Länder und Kommunen müssen das Problem gemeinsam anpacken." Die Verantwortung für Obdachlose werde seit Jahren hin- und hergeschoben. Für Berlin forderte sie erneut ein Strategieforum mit allen beteiligten Senatsverwaltungen, Bezirken und Verbänden.