Am 31. Oktober feiern Vertreter von Kirche, Staat und Gesellschaft das Finale des Reformationsjubiläums. Dann jährt sich der überlieferte Thesenanschlag Martin Luthers, dessen Wirken tiefgreifende Veränderungen in Kirche und Gesellschaft zur Folge hatte, zum 500. Mal. Allein fünf Gottesdienste an Luthers Wirkungsstätte Wittenberg erinnern an diesem Tag an die Ursprünge der evangelischen Kirche. Überall in Deutschland wird es an diesem einmalig bundesweit arbeitsfreien Reformationstag Feiern geben.
Der zentrale Festgottesdienst in der Wittenberger Schlosskirche mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, wird im Fernsehen übertragen, ebenso der Festakt im Stadthaus der Lutherstadt, bei dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Rede halten wird. Mit den Feierlichkeiten endet ein volles Festjahr, das die evangelische Kirche weltoffen und ökumenisch zeigen sollte.
An vielen Stellen wurde schon eine Bilanz des Jubiläumsjahres gezogen. Sie fällt differenziert aus. Bedford-Strohm freute sich kürzlich in Berlin über ein friedliches und ökumenisches Jubiläum. Auf der Haben-Seite stehen für den Repräsentanten von rund 21,9 Millionen Protestanten in Deutschland unter anderem prall gefüllte Massenveranstaltungen wie auf der Tour des Pop-Oratoriums "Luther", der schnelle Ausverkauf der ersten Auflage der revidierten Luther-Bibel, der Erfolg der Luther-Figur von Playmobil, der Kirchentag in Berlin mit Stargast Barack Obama und viele Kontakte zu Menschen, die bis zu diesem Jahr wenig bis keine Kontakte zur Kirche hatten.
Gründliche Bilanz Mitte November
Nicht zufrieden ist man auch an der Spitze dagegen mit den Besuchszahlen der Weltausstellung Reformation in Wittenberg, die von Mai bis September die Facetten der protestantischen Welt präsentierte, und den "Kirchentagen auf dem Weg", die parallel zum zentralen Christentreffen in Berlin und Wittenberg im Mai stattfanden. Einiges habe nicht funktioniert, sagte Irmgard Schwaetzer, die Präses der EKD-Synode kürzlich im MDR-Fernsehen.
Das Kirchenparlament der EKD kommt Mitte November in Bonn zusammen. Dort werde dann gründlich Bilanz gezogen, kündigte Bedford-Strohm an. Die Mitglieder der Synode erhoffen sich auch Erkenntnisse von den von ihnen ernannten Scouts. 32 Experten aus Kirche und Gesellschaft haben im vergangenen Jahr auch medial weniger beachtete Veranstaltungen besucht.
Nach der versuchten Öffnung in die Gesellschaft mit dem Festjahr geht es bei der Synode um die Zukunft der eigenen Institution und damit auch um Konsequenzen aus dem Festjahr. Insbesondere dort, wo die Kirche in diesem Jahr herausgegangen sei zu den Menschen - und nicht einfach erwartet wurde, dass sie kommen - sei es voll gewesen, resümierte Bedford-Strohm. Gottesdienste auf Marktplätzen wurden zum Erfolg ebenso wie lange Tafeln in den Städten der "Kirchentage auf dem Weg", auch wenn dort viele Veranstaltungssäle ein trauriges Besucherbild ablieferten.
Ökumene bleibt ein Thema
Die Erkenntnis, dass sich die Kirchen nicht mehr nur hinter die Mauern ihrer historischen Gebäude zurückziehen können, ist nicht neu. Welche Konsequenzen in Zeiten des Mitgliederschwunds speziell aus dem Jubiläumsjahr gezogen werden können, wollen die EKD-Verantwortlichen nun beraten. Erfolgreich sei man außerdem vor allem dort gewesen, wo die Kirche andere Institutionen aus Kultur und Gesellschaft eingebunden hat, sagte Bedford-Strohm. Er sprach angesichts des Engagements Vieler von einem "Beteiligungsjubiläum", während der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, der EKD vorwarf, "ihr Ding" gemacht zu haben und forderte, die Zivilgesellschaft künftig noch stärker einzubinden.
Und schließlich bleibt auch die Ökumene nach 2017 ein Thema für die Großkirchen, die durch die Reformation gespalten wurden. Bedford-Strohm und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, betonen, welche Annäherung es in diesem Jahr gegeben hat, nicht nur durch den Versöhnungsgottesdienst im März in Hildesheim. Beide sprechen unisono von einem "Schub" für das Miteinander von Protestanten und Katholiken.
Konkrete Schritte etwa hin zu einem gemeinsamen Abendmahl gab es nicht. Hoffnung darauf, wenn auch nicht allzu große, hatte es durchaus gegeben. Dafür brauche es Geduld, einen "langen Atem", appellierte Bedford-Strohm.