"Wer sein eigenes Land oder seine eigene Volksgruppe überhöht und dadurch gegen die anderen in Stellung bringt, produziert Hass, irgendwann Gewalt und am Ende vielleicht sogar wieder unzählige Tote", sagte der bayerische Landesbischof in einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit am Montagabend in Ingolstadt. Auch wo dies "mit dem christlichen Mäntelchen" umgeben werde, sei Widerspruch angesagt. Kirche stehe für das Gegenteil: Versöhnung der Völker und Anerkennung der Würde eines jeden Menschen, unabhängig von seiner Nationalität oder Volksgruppe.
Freiheit sei heute das zentrale Thema der Gesellschaften, sagte Bedford-Strohm laut Redemanuskript. Dabei dürfe es aber nicht zu einer "individualistischen Verengung des Freiheitsbegriffs" kommen. Egoismus, Gier und Verlust an sozialem Zusammenhalt seien die Folgen, wenn das Individuum mehr und mehr ins Zentrum rücke. Mehr Selbstdistanz und Selbsterkenntnis täten sowohl im privaten wie auch im öffentlichen Leben gut. So dürfe auch die politische Debatte nicht mit einer "Kultur wechselseitiger Beschuldigungen oder gar persönlicher Beleidigungen" verwechselt werden. Wer dies tue, offenbare einen Mangel an sachlicher Argumentationskraft.
Bedford-Strohm übte darüberhinaus Kritik an den Medien. Sie trügen Mitverantwortung am Verfall der politischen Kultur, wenn sie persönlichen Diffamierungen und politischer Unkultur ihre Aufmerksamkeit schenkten. Eine Sensation sollte es sein, wenn Politiker zu ihren Fehlern und Irrtümern stehen könnten, "wenn Menschen, die ihre Fehler freiherzig einräumen, nicht medial hingerichtet würden, sondern für ihre Fähigkeit zur Selbstdistanz und ihre Lernbereitschaft Respekt erfahren würden". Vor allem im Internet beobachte er zunehmend eine "Kultur der Abwertung und Anprangerung", kritisierte Bedford-Strohm.
Ingolstadt begeht seit 1997 den 3. Oktober mit einem Festakt unter dem Motto "Reden zur deutschen Einheit". Dazu kamen bisher unter anderen der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), der Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer oder im Jahr 2009 der spätere Bundespräsident Joachim Gauck nach Ingolstadt.