Nach einer am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichtes verstößt die Ausstellung plastinierter Leichen und Körperteile nicht gegen das Berliner Bestattungsgesetz. Voraussetzung für eine weitere Öffnung sei allerdings, dass für jedes Exponat eine ausreichende Einwilligungserklärung des Körperspenders vorliegt. Dies sei für zehn von derzeit 13 ausgestellten Ganzkörperplastinaten nicht der Fall. (VG 21 K 608.17)
Damit gab das Gericht den Museumsbetreibern um den bekannten Leichen-Plastinator Gunther von Hagens teilweise Recht. Sie hatten gegen das Berliner Bezirksamt Mitte geklagt, weil dieses die Ausstellung verboten hatte.
Gericht moniert unzureichende Einwilligungserklärungen für einzelne Exponate
Zur Begründung hatte der Bezirk unter anderem angeführt, dass die Ausstellungsexponate nicht zweifelsfrei einzelnen Gestorbenen zugeordnet werden könnten. Das Gericht entschied nun, dass das vom Träger des Museums, dem Heidelberger "Institut für Plastination", genutzte Kennzeichnungsverfahren für Leichen und Körperteile "grundsätzlich geeignet" sei. Dem Bezirk warf das Gericht indirekt vor, er habe bislang die Herkunft der rund 120, in der Ausstellung zu sehenden Teilkörperplastinate sowie von drei erst seit kurzem ausgestellten Ganzkörperplastinaten noch nicht überprüft.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles ist die Berufung zugelassen. Um die Leichen-Ausstellung unter dem Berliner Fernsehturm gibt es seit bald drei Jahren ein juristisches Tauziehen. Gegen die seit Februar 2015 zu sehende Ausstellung hatten unter anderem auch die Kirchen protestiert.
Der Evangelische Kirchenkreis Berlin Stadtmitte zeigte sich enttäuscht über das neue Urteil. "Wir sind überzeugt, dass jeder Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen ist - diese Würde verliert kein Mensch mit dem Tod", sagte Silke Radosh-Hinder, stellvertretende Superintendentin. "Durch den Weiterbestand des 'Menschen Museums' mit dem heutigen Urteil sehen wir diese Würde in Frage gestellt", fügte sie hinzu.
Cordula Machoni, Pfarrerin der neben dem Museum gelegenen Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien, sagte, die Würde eines Menschen müsse über dessen Tod hinaus gewahrt bleiben, "eben durch den Umgang der Lebenden mit ihm". Dabei biete das "Menschen Museum" keine Hilfe: "Es fördert allein die Distanzierung vom toten Menschen und die Anerkennung der Endlichkeit von Leben." Unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Aufklärung gehe es um ökonomische Interessen und Sensationslust, so Machoni.
Der Bezirk will zunächst das Urteil prüfen, wie ein Prozessvertreter am Mittwoch sagte. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Behörde erneut in Berufung gehen wird. Sie zweifelt auch den Status des Museumsbetreibers als wissenschaftliche Einrichtung an. Das ist nach Berliner Bestattungsgesetz allerdings Voraussetzung, um Leichen auszustellen.
Das Gericht hatte sich am Dienstag in einer mehrstündigen Verhandlung mit dem "Menschen Museum" am Berliner Alexanderplatz befasst. Im Zentrum stand die Frage, inwieweit die Herkunft der gezeigten Ganzkörperplastinate und Körperteile nachweisbar ist. Zudem wollte das Gericht klären, ob die Einwilligungserklärungen sogenannter Körperspender ausreichend für die spätere Verwendung der Leichen sind. Dabei ging es etwa um die Frage, ob den Körperspendern zu Lebzeiten bewusst war, wie ihr Körper oder Teile davon präsentiert werden.
Der Bezirk bezweifelt, dass die Exponate auf einzelne tote Körperspender zurückzuführen sind und argumentiert unter anderem mit dem "postmortalen Persönlichkeitsrechten" der Verstorbenen. Die in der Ausstellung gezeigten Plastinate tragen den Angaben zufolge einen Anhänger mit einer entsprechenden Produktionsnummer. Diese Nummer soll auf den einstigen Körperspender verweisen.