"Wir wollen ermutigen, statt verstummend zu resignieren. Wir haben gegen niemand polemisiert", sagte der Ex-DDR-Bürgerrechtler Schorlemmer in der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstag). Mit dem Memorandum sollten Diskussionen insbesondere in den Kirchengemeinden angeregt werden, fügte Wolff hinzu.
Die prominenten Theologen Schorlemmer und Wolff hatten Anfang September eine kritische Vorabbilanz des Reformationsjubiläums gezogen. Auf dem Weg zum 31. Oktober 2017 sei es versäumt worden, die "Krise der Kirche in der säkularen Gesellschaft offen anzusprechen" und neue Visionen zu entwickeln, heißt es in ihrem Memorandum "Reformation in der Krise - Wider die Selbsttäuschung". Vor allem die schlecht besuchten "Kirchentage auf dem Weg" Ende Mai seien "zum Fanal einer grandiosen Selbsttäuschung" geworden, kritisierten Wolff und Schorlemmer, ehemaliger Leiter der Evangelischen Akademie in Wittenberg.
"Dass sich viele Menschen vom Glauben abwenden, ist Folge und nicht Ursache der Probleme", sagte Schorlemmer der "Leipziger Volkszeitung": "Einen Grund sehen wir in der Selbstsäkularisierung und Banalisierung des Glaubens." Gerade aus den Gemeinden kämen viele positive Reaktionen auf den Text, ebenso von katholischer Seite, die unter ähnlichen Problemen leide, erklärten die Autoren. "Dass die Macher des Reformationsjubiläums über unseren Einspruch nicht glücklich sind, können wir nachvollziehen", sagte Wolff.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutsche Evangelische Kirchentag hatten zurückhaltend auf das veröffentlichte Memorandum reagiert. Ein EKD-Sprecher erklärte, die Schrift knüpfe an eine Diskussion an, die seit langem intensiv geführt werde. Der Kirchentag erklärte, Schorlemmer sei seit vielen Jahren geschätzter Gast auf Kirchentagsveranstaltungen: "Wir nehmen die Kritik von ihm und Christian Wolff zur Kenntnis." Von Vertretern aus Gemeinden und Kirchen in den Regionen, in denen Kirchentage auf dem Weg stattfanden, habe man "vielfach andere und differenzierte Rückmeldungen erhalten".
In dem 16-seitigen Memorandum von Schorlemmer und Wolff heißt es, der Bedeutungsverlust der Kirchen schreite mit wachsender Intensität voran. Kritik üben die Autoren auch an dem 2006 initiierten Reformprozess der EKD. Dieser sei mehr oder weniger im Sande verlaufen: "Was damals 'Leuchtfeuer' entfachen sollte, ist mehr oder weniger erloschen. Feuer kann eben nicht kirchenamtlich 'von oben' verordnet werden."