Infolge der öffentlichen Debatte um die sogenannte "Hitler-Glocke" im pfälzischen Herxheim am Berg ist Bürgermeister Ronald Becker (Freie Wähler) am Mittwoch zurückgetreten. "Bürgermeister geht - Glocke bleibt!" ist eine Stellungnahme Beckers auf der Internetseite der Gemeinde überschrieben. Auslöser für den Rücktritt sei der Bericht des ARD-Magazins "Kontraste" über den Glockenstreit, sagte Becker dem Evangelischen Pressedienst (epd).
In dem Fernsehbeitrag wird Becker mit den Worten zitiert, er sei stolz auf die Glocke in der evangelischen Jakobskirche. Außerdem sagte der Bürgermeister, dass Adolf Hitler immer nur mit Gräueltaten in Verbindung gebracht werde, nicht jedoch mit den Sachen, die in dieser Zeit auf den Weg gebracht worden seien und bis heute genutzt würden.
Gutachten soll denkmalrechtliche Bestimmungen klären
Er habe gegenüber der "Kontraste"-Mitarbeiterin erklärt, dass eine 95-jährige Frau aus dem Ort ihm gegenüber diese Aussage getätigt habe, sagte Becker. Seine Aussage sei ein Zitat gewesen und nicht seine eigene Meinung. Sein Interview sei so geschnitten worden, dass dies nicht erkennbar gewesen sei. Eine epd-Anfrage an die "Kontraste"-Redaktion hat der verantwortliche Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) bisher nicht beantwortet.
Sollte durch die verkürzte Wiedergabe des Interviews und die aus dem Kontext gerissenen Sätze der Eindruck erweckt worden sein, dass er diese Zeit verherrliche, möchte er sich davon entschieden distanzieren, sagte Becker. Möglicherweise sei er im Umgang mit Medienvertretern zu unvorsichtig gewesen. Nach dem "Kontraste"-Beitrag hatte der Gemeinderat von Herxheim am Berg den Bürgermeister aufgefordert, sein Amt niederzulegen. Der Landesverband der Freien Wähler in Rheinland-Pfalz hat angekündigt, über Maßnahmen gegen Becker zu beraten.
Seit Wochen erregt in dem rund 750 Einwohner zählenden Herxheim am Berg im Landkreis Bad Dürkheim die 1934 gegossene Glocke mit einem Hakenkreuz und der Aufschrift "Alles fuer's Vaterland - Adolf Hitler" die Gemüter. Zunächst hatte der Ort erwogen, den Kirchturm zu schließen, um den Zugang zu der Glocke zu verhindern. Mittlerweile hat der Gemeinderat beschlossen, ein Gutachten in Auftrag zu geben, das die gesetzlichen und denkmalrechtlichen Bestimmungen klären soll, auf deren Grundlagen die Gemeinde ihr weiteres Vorgehen in Zusammenarbeit mit dem Presbyterium festlegen kann.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat inzwischen gefordert, die Glocke aus dem Kirchturm zu entfernen und einem Museum zu übergeben. Die NPD hat daraufhin eine Demonstration für den Erhalt der Glocke angekündigt. Die Partei habe für Samstag eine Kundgebung angemeldet, sagte eine Sprecherin der Kreisverwaltung Bad Dürkheim dem epd. Es werde mit etwa zehn Teilnehmern gerechnet. Von einer Gegendemonstration sei der Verwaltung noch nichts bekannt. "Wir gehen aber stark davon aus, dass es eine geben wird", sagte die Sprecherin.
Außerdem ist gegen den Bürgermeister Strafanzeige erstattet worden. Die Vorwürfe lauteten, dass das Läuten der "Hitler-Glocke", die der weltlichen Gemeinde gehört, Volksverhetzung sei, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Hubert Ströber. Zudem werde der Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erhoben. Die Staatsanwaltschaft prüfe die Vorwürfe.