EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hat sich skeptisch über mögliche Auffanglager für die Registrierung von Flüchtlingen in Nordafrika geäußert. Die Bearbeitung von Asylanträgen sei rechtlich, diplomatisch und auch praktisch komplex, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). "Wir helfen Migranten, indem wir die Staaten Nordafrikas unterstützen, eigene Asylsysteme zu entwickeln und gut funktionierende Empfangszentren zu gründen." Avramopoulos ermahnte zugleich die EU-Mitgliedstaaten zu einer schärferen Abschiebepraxis.
Brüssel arbeite mit den Mitgliedstaaten an der Neuansiedlung von Migranten mit Anspruch auf internationalen Schutz in Europa, erklärte der EU-Kommissar. "Dabei unterstützen wir die Mitgliedstaaten finanziell, für 2018 haben wir 377 Millionen Euro beiseitegelegt." In Libyen blieben die Bedingungen aber schwierig, bis das Land stabilisiert sei: "Dafür müssen wir alle Kräfte einsetzen und auch mit den Nachbarländern Libyens arbeiten." Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich hinter einen französischen Vorschlag gestellt, Flüchtlinge schon in Libyen auf eine mögliche Aufnahme in der EU hin zu prüfen.
Avramopoulos sprach sich für eine strengere und effektivere Politik für Rückführungen aus. Das sei ein unverzichtbarer Aspekt einer gut funktionierenden Migrationspolitik, betonte er: "Es werden zu wenige Migranten repatriiert, die europäischen Staaten müssen mehr tun." Dies sei unerlässlich, um das öffentliche Vertrauen in das Asylsystem der EU zu wahren und um weiter diejenigen unterstützen können zu können, die wirklich internationalen Schutz benötigten.
Die heutige Flüchtlingssituation sei mit der Krise 2015 nicht zu vergleichen, unterstrich der Kommissar. Dank der Zusammenarbeit mit der Türkei sei die Zahl der Menschen, die in Griechenland ankommen, um 98 Prozent zurückgegangen. Auch in Italien seien im vergangenen Monat nur noch halb so viele Menschen eingetroffen wie im Juli 2016. Trotz dieser positiven Trends dürfe die Aufmerksamkeit nicht nachlassen, mahnte er: "Wir müssen stets bereit sein, neuen Migrationsbewegungen zu begegnen."