Brigitte aus Bonn ist bereits zum zweiten Mal in die Kölner Kirche St. Gereon gekommen: "Man erlebt einfach ein Stück Gemeinschaft, wenn man hierher kommt", sagt sie. Gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrem Mann will sie sich vom gestorbenen Kardinal Joachim Meisner verabschieden. Länger hatten sie und ihr Mann miteinander diskutiert, ob sie ihre kleine Tochter mitnehmen sollten. "Aber der Tod ist nun mal Teil des Lebens", sagt Brigitte. "Es ist wichtig, auch verstorbene Menschen in unsere Gemeinschaft aufzunehmen und zu zeigen, dass sie immer noch präsent sind."
Seit Freitagabend liegt der ehemalige Kölner Erzbischof aufgebahrt in seiner Heimatkirche St. Gereon, in lilafarbenem Priestergewand, mit weißer Mitra als Kopfbedeckung und schwarzen Schuhen. Zu seinen Füßen steht das erzbischöfliche Wappen, je sechs große Kerzenleuchter an den Seiten. Meisner war am Mittwoch im Alter von 83 Jahren gestorben. Er war fast vier Jahrzehnte lang Bischof, davon 25 Jahre Erzbischof von Köln. Der Kardinal wurde für seine Glaubensstärke und seine herzliche Art geschätzt, war aber wegen seinen erzkonservativen Ansichten umstritten.
"Stück Lebensgeschichte" geht zu Ende
Es ist Tradition, dass der Kölner Alterzbischof nach seinem Tod in der Pfarrkirche aufgebahrt wird, in deren Bereich seine Wohnung lag. Deshalb fiel die Wahl auf die romanische Basilika St. Gereon - und nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, auf den Kölner Dom. St. Gereon gilt als Hauskirche der Bischöfe, zuletzt wurde Kardinal Joseph Höffner 1987 dort aufgebahrt.
Am Sonntag ist der Gottesdienst in der Kirche voll besetzt. Draußen warten Gruppen von Menschen, um nach der Messe hinein gehen zu können. So wie der 25-jährige Theologe Pit Rasque, der mit Mitgliedern seiner katholischen Studentenverbindung aus Freiburg da ist. "Ich habe Kardinal Meisner bereits persönlich in Luxemburg getroffen", erzählt er. Nun ist er auf der Durchreise und wollte die Gelegenheit nutzen, sich von Meisner persönlich zu verabschieden.
Pfarrer Karl-Heinz Sülzenfuß ist ebenfalls zum Abschiednehmen nach St. Gereon gekommen. "Wir haben 25 Jahre Kontakt gehabt", berichtet er. "Bei der Todesnachricht fragt man sich unwillkürlich, was das für eine Persönlichkeit war - und man erfährt auch viel Neues: zum Beispiel, wie wichtig Kardinal Meisner das Gebet war." Mit dem Tod Meisners gehe auch für ihn ein "Stück Lebensgeschichte zu Ende".
"Es war schön, mit dir Kaffee zu trinken"
In einer langen Reihe stellen sich die Menschen vor dem offenen Sarg an, verneigen sich oder knien nieder. Manche halten auch ihren Rosenkranz an das erzbischöfliche Wappen. Einige Kinder versuchen, die Stufen neben der Bahre hochzuklettern, werden aber schnell vom Wachpersonal zurückgehalten. Viele Menschen verharren im Anschluss noch im Gebet. Manche sind ergriffen, wischen sich beim Rausgehen eine Träne von der Wange. Andere schreiben ins Kondolenzbuch. Neben Beileidsbekundungen findet sich dort auch sehr Alltagsnahes: "Es war schön, mit dir Kaffee zu trinken."
Für die Familie aus Bonn ist der Abschied vor allem ein bewegender Moment. "Kardinal Meisner war ein Mensch, der mich in meinem ganzen Denken beeinflusst hat", sagt Brigitte. "Er wurde zu einem großen Impulsgeber, ich habe dann auch selber Theologie studiert." Mit seinen klaren Positionen habe er sie zum Nachdenken angeregt.
Bis Montagabend war Meisner in St. Gereon aufgebahrt. Am Freitag kann noch einmal der verschlossene Sarg in der Kirche besucht werden. Die Beerdigung ist am Samstag. In einer Prozession wird der Sarg morgens von der Basilika zum Kölner Dom geleitet. Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki wird die Totenmesse lesen.