Die "Ehe für alle" ist beschlossen: Der Bundestag stimmten nach einer emotionalen Debatte mit deutlicher Mehrheit für einen Gesetzentwurf aus dem Bundesrat. Danach können homosexuelle Paare künftig heiraten wie Mann und Frau und auch gemeinsam Kinder adoptieren, was ihnen in den bisherigen Lebenspartnerschaften verwehrt ist. Die Befürworter der "Ehe für alle" feierten ihren Erfolg noch im Bundestag mit lautem Applaus und buntem Glitzer-Konfetti.
Die Reaktionen auf die Entscheidung, die die SPD-Fraktion gemeinsam mit der Opposition gegen die Union durchgesetzt hatte, waren überwiegend positiv. Die Kirchen äußerten sich unterschiedlich. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, begrüßte den Beschluss des Bundestages, die katholische Kirche äußerte sich kritisch. Die Lesben- und Schwulenbewegung feierte einen historischen Tag.
Für die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare stimmten in einer namentlichen Abstimmung 393 Abgeordnete - und damit auch ein gutes Viertel aus den Reihen der Union. Die Abgeordneten entschieden ohne Fraktionszwang. Gegenstimmen gab es 226, vier Abgeordnete enthielten sich.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die die Dynamik dieser Woche erst ausgelöst hatte, stimmte gegen die Öffnung der Ehe. "Für mich ist die Ehe im Grundgesetz die Ehe von Mann und Frau", sagte sie nach der Abstimmung. Merkel war Anfang der Woche vom Nein der Union abgerückt und hatte erklärt, über die Öffnung der Ehe solle im Bundestag als Gewissensentscheidung entschieden werden. Aus der CDU stimmten unter anderem Kanzleramtschef Peter Altmaier, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Generalsekretär Peter Tauber mit Ja.
SPD, Linksfraktion und die Grünen stimmten geschlossen für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Zu Beginn der lebhaften, emotionalen und weitgehend respektvollen Debatte sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann, es gehe um die Gleichstellung und nicht um das Geschlecht der Menschen. Mit Blick auf die Turbulenzen der zurückliegenden Woche bilanzierte er, dass die SPD die Abstimmung gegen die Union durchgesetzt habe, sei "vielleicht nicht gut für die Koalition, aber es ist gut für die Menschen". Er bekräftigte die Auffassung seiner Partei, dass eine Grundgesetzänderung nicht erforderlich sei.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) warb um Respekt für beide Seiten. Für ihn bleibe die Ehe, was sie seit Jahrhunderten sei: die Verbindung von Mann und Frau. Er selbst würde nie etwas unterschreiben, wo 'Ehe für alle' drinstünde, sagte Kauder, der gefasst wirkte, nachdem er der SPD noch am Dienstag Verantwortungsbruch vorgeworfen hatte.
Für Volker Beck von den Grünen war es "ein historischer Tag für unsere Minderheit" Tag. Der aus dem Bundestag ausscheidende schwule Politiker, der allen voran in dieser Wahlperiode für die Gleichstellung homosexueller Paare gestritten hatte, hielt sichtlich bewegt seine letzte Rede im Parlament. Der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch mahnte, der Kampf gegen Diskriminierung sei mit der Gleichstellung in der Ehe nicht zu Ende.
Die Kirchen bekräftigten nach der Parlamentsentscheidung ihre unterschiedlichen Positionen. Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm schrieb bei Facebook: "Ich wünsche mir, dass jetzt weder Triumphgefühle auf der einen Seite noch Bitterkeit auf der anderen Seite den Ton angeben." Der Berliner Erzbischof Heiner Koch indes bedauerte als Vorsitzender der Kommission für Ehe und Familie der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, dass der Gesetzgeber wesentliche Inhalte des Ehebegriffs aufgegeben habe, "um ihn für gleichgeschlechtliche Partnerschaften passend zu machen."
Der Lesben- und Schwulenverband freute sich über einen "historischen Tag". Ob man in Deutschland heiraten dürfe, entscheide künftig nicht mehr das Geschlecht, sondern "Liebe, Zusammenhalt und das Versprechen, in guten wie in schlechten Zeiten füreinander da zu sein."