Auch Männer, die sich durch ihre Flucht dem drohenden Wehrdienst entzogen haben, müssten nicht automatisch als Flüchtling anerkannt werden, entschied der zweite Senat des Gerichts am Dienstag in Lüneburg in einer Berufungsverhandlung. Die Richter gaben damit einer Berufung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge statt. Eine Revision ließen sie nicht zu. (AZ: 2 LB 117/17)
Geklagt hatte ein junger Syrer, der seine Flucht auch mit der drohenden Einberufung zum Militärdienst begründete. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte ihm nur den nachrangigen subsidiären Schutz gewährt. Damit darf er seine Familie erst einmal nicht nachholen. Das Verwaltungsgericht Oldenburg hatte das Bundesamt in erster Instanz verpflichtet, dem Kläger den vollen Flüchtlingsstatus zuzuerkennen.
Allein die illegale Ausreise aus Syrien, ein Asylantrag und ein längerer Aufenthalt in einem westeuropäischen Land reichten für die Anerkennung des vollen Schutzes nicht aus, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bremer. Eine zielgerichtete politische Verfolgung sei bei einer derzeit ohnehin nur hypothetischen Rückkehr nicht zu befürchten.
Dass der Kläger mit seiner Ausreise einer Einberufung zum Wehrdienst zuvorgekommen sei, mache ihn ohne das Hinzutreten weiterer Umstände in den Augen der syrischen Machthaber ebenfalls nicht verdächtig, über die Flucht vor der Bürgerkriegssituation hinaus politische Opposition betreiben zu wollen. Das Gericht folge der Argumentation weiterer Obergerichte, sagte Bremer. Ein weiteres ähnlich gelagertes Verfahren stellte das Gericht am Dienstag ein, weil das Bundesamt in diesem Fall seine Berufung zurückzog (AZ: 2 LB 91/17).
In den beiden Berufungsverfahren ging es darum, ob syrische Asylbewerber in Deutschland den vollen Flüchtlingsstatus bekommen müssen, ohne dass es auf ihr persönliches Verfolgungsschicksal ankommt. Seit im März 2016 für Flüchtlinge, die in Deutschland nur subsidiären Schutz haben, der Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt wurde, häufen sich Klagen von Syrern.