Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Bedeutung der Reformation bis in die Gegenwart hervorgehoben. Die Reformation habe die gesamte Geschichte, Kultur und Lebensweise über Jahrhunderte direkt oder indirekt beeinflusst und tue es bis heute, sagte Steinmeier am Samstag in Wittenberg zur Eröffnung der Weltausstellung Reformation "Tore der Freiheit". Er fügte hinzu: "Reformation ist kein abgeschlossener Prozess, sondern zieht Spuren auch in unsere heutige Gesellschaft hinein, in unser Zusammenleben und unser Verständnis einer gerechten und menschenwürdigen Gesellschaft."
Mit Blick auf den Titel der Weltausstellung sagte er, "die Bekenntnisfreiheit eines Christenmenschen, um die es im europäischen Aufbruch zur Neuzeit ging, diese Freiheit ist weiterzudenken zur Freiheit aller Bekenntnisse im Respekt der Menschen füreinander". Es zähle zu den historischen Lehren der Reformation und ihrer Folgen, "dass nur die Akzeptanz des Andersgläubigen aus dem Krieg der Konfessionen herausführt und dass der Mensch die Intoleranz und die Gewalt, die im Namen der Religion verübt wird, überwinden kann".
Reformation heiße auch, Verantwortung zu übernehmen und Zukunft zu gestalten, betonte der Bundespräsident. Die "Tore der Freiheit" um die Wittenberger Altstadt öffneten den Blick dafür. Es gehe um ökumenische, interreligiöse und internationale Begegnungen. Er hoffe, dass viele Menschen dies nutzen werden, um in einer Gesellschaft, die sowohl säkular als auch religiös geprägt ist, miteinander und voneinander zu lernen und auch Ideen für eine gemeinsame Zukunft zu entwickeln.
Reformation nicht als trockene Geschichtslektion
Nicht nur in Europa, auch anderswo auf der Welt sei der Gefahr von Nationalismen und Abgrenzung zu begegnen. Steinmeier sprach von einer Tendenz, Tore zu schließen, anstatt Tore der Freiheit zu öffnen: "Dem entgegen können wir die Erinnerung an einen hoffnungsvollen und mutigen Aufbruch zur Emanzipation des Menschen stellen, der mit der Reformation verbunden bleibt."
Die Reformation sollte nicht bloß als trockene Geschichtslektion erlebt werden, die Botschaft gehöre vielmehr mitten hinein in die Gegenwart: "In der lebendigen Begegnung und Auseinandersetzung mit den verschiedensten Menschen können wir den Wert der Pluralität und Vielfalt, die unsere Gesellschaften heute prägen, neu entdecken und schätzen lernen."