Es sei die erste umfassende Ausstellung zur Rezeption Luthers in der NS-Zeit und stelle die staatliche wie auch die kirchliche Berufung auf den Reformator in den Mittelpunkt, erklärte der Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, Andreas Nachama, am Donnerstag in Berlin.
Zu sehen sind auf unterschiedlich gestalteten Tafeln selten gezeigte Fotografien, Schrift- und Tondokumente sowie Reproduktionen von Drucken und Objekten. Dabei erscheint Luther immer wieder als "national einigende Führerfigur", zu der die Nationalsozialisten ihn stilisierten, wie Kurator Ulrich Prehn sagte. Die völkische Glaubensbewegung "Deutsche Christen" innerhalb der evangelischen Landeskirchen sah mit dem NS-Regime "die Vollendung der deutschen Reformation im Geiste Martin Luthers" gekommen.
Die Dokumentation biete einen Einblick in wesentliche Entwicklungen der christlichen Kirchen in der NS-Diktatur, sagte Prehn. Sie steht unter dem Titel "Überall Luthers Worte..." und bezieht sich damit auf eine Feststellung des 1945 ermordeten evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer aus dem Jahr 1937: "Überall Luthers Worte und doch aus der Wahrheit in Selbstbetrug verkehrt." Wenige Jahre später fragte er sich, "warum aus Luthers Tat Folgen entstehen mussten, die genau das Gegenteil von dem waren, was er wollte".
Die Ausstellung, die künftig auch auf Wanderschaft gehen soll, widmet sich auch dem unter den Nationalsozialisten florierenden Kirchenbau, der sakralen Kunst im Nationalsozialismus sowie den Novemberpogromen 1938, am Vorabend von Luthers Geburtstag am 10. November. Ein spezielles Augenmerk richtet die Ausstellung dabei auf die Instrumentalisierung der antisemitischen Schriften des Reformators durch die Nationalsozialisten für die Judenverfolgung.
Die evangelische Kirche feiert bis Oktober dieses Jahres 500 Jahre Reformation. 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht, die er der Überlieferung nach am 31. Oktober an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.