Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine Verrohung des Tons und das Verstecken hinter anonymen Identitäten im Internet kritisiert. "Bei einigen Menschen gerät, wenn sie anonym kommunizieren, die Sprache offenbar schnell außer Kontrolle", sagte das Staatsoberhaupt in einem Interview der Funke Mediengruppe (Samstag) und der französischen Zeitung "Ouest-France". Die Menschen würden "maßlos".
Zur Kultur des Netzes gehöre Anonymität. "Dennoch täte es der Demokratie in Deutschland aus meiner Sicht gut, wenn wir die politische Debatte, auch den politischen Streit, ohne Versteckspiel, sondern erwachsen mit offenem Visier führen würden", sagte Steinmeier.
Der Bundespräsident beklagte, es gebe nicht mehr die Haltung, dass auch der andere recht haben könnte. "Dabei lebt Demokratie doch gerade von der Bereitschaft, auch anderen zuzuhören, sich selbst und die eigene Position zu überprüfen und in Respekt vor anderen Positionen nach Lösungen im Streit der Interessen zu suchen", sagte er.
Sich selbst sieht Steinmeier nicht persönlich und täglich als Opfer der Verrohung der Umgangsformen im Netz. Er habe aber seine eigenen Erfahrungen gemacht. "Wenn ich früher abends meine Facebook-Seite aufrief, haben mich manche Einträge fassungslos gemacht", sagte der ehemalige Außenminister (SPD). Es gebe ein respektloses "Stalkertum" einerseits und andererseits grenzenlose, hasserfüllte Ablehnung. Der Raum dazwischen sei ganz klein geworden.