Der Bundestag hat am Donnerstag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen das Gesetz zur Suche nach einem Standort für radioaktiven Müll beschlossen. Die Linksfraktion lehnte die Vorlage ab. Die meisten Abgeordneten bekräftigten das Verfahren der "weißen Landkarte". Dass der umstrittene Standort Gorleben nicht ausgenommen wurde, stieß jedoch auf scharfe Kritik.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte zum Auftakt der Debatte im Bundestag die Bedeutung des Gesetzes betont. "Es ist meine tiefe Überzeugung, dass nur mit festen Regeln und mit absoluter Transparenz eine ergebnisoffene und bundesweite Suche nach einem Endlagerstandort gelingen kann", sagte Hendricks.
Gegner fordern Aus für Gorleben als Standort für Atommüll
Das Standortauswahlgesetz folgt weitgehend den Empfehlungen einer vom Bundestag eingesetzten Kommission. Diese sehen vor, Deutschland als "weiße Landkarte" zu betrachten und anhand eines wissenschaftsbasierten Verfahrens den am besten geeigneten Ort zu suchen. Keine Region wird bevorzugt, aber auch keine ausgeschlossen. Damit bleibt auch der umstrittene Standort Gorleben theoretisch im Verfahren.
"Über 30.000 Generationen werden noch von den Folgen der Atom-Technologie betroffen sein, die bei uns gerade einmal 60 Jahre in Betrieb war", sagte Hendricks. Radioaktive Abfälle sollen für eine Million Jahre gelagert werden können. Diese Verantwortung sei nicht delegierbar an andere Länder oder Generationen.
Die Linke lehnte die Gesetzesvorlage unter anderem ab, weil Gorleben noch im Gespräch bleibt. Der Linken-Abgeordnete Hubertus Zdebel sprach von etlichen Mängeln. Er forderte, einen Schlussstrich unter Gorleben als Standort für radioaktiven Müll zu ziehen. Auch die Aussagen zu etwaigen Exporten von Atommüll aus dem Atomkraftwerk Jülich in die USA hält Zdebel für unzureichend und "kryptisch".
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bezeichnete die Endlager-Suche als epochale Aufgabe. Es gehe um das schwierigste Infrastrukturprojekt in der Geschichte Deutschlands. "Der Suchprozess wird von uns allen noch sehr viel Mut, Disziplin und Verantwortungsbewusstsein fordern", sagte Kretschmann.
Zudem sieht das Gesetz vor, dass die Bevölkerung frühzeitig beteiligt wird. Die Endlager-Kommission hatte eine Lagerung von Atommüll in Gestein mindestens 300 Meter unter der Geländeoberfläche empfohlen. Das Lager soll mindestens 500 Jahre lang zugänglich sein, um den Müll notfalls wieder herausholen zu können. Der Zeitplan sieht vor, bis 2031 einen Standort festzulegen und ab 2050 mit der Einlagerung zu beginnen. Gesucht wird ein Lager für 30.000 Kubikmeter hoch radioaktive Abfallstoffe.
Für die Endlager-Suche wurde ein Nationales Begleitgremium eingesetzt
Für den hannoverschen Landesbischof Ralf Meister steht die Bewährungsprobe des Gesetzes noch aus. Es komme jetzt darauf an, wie es gelinge, Menschen zu beteiligen und Mitsprachemöglichkeiten zu nutzen. Meister hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in der Endlager-Kommission vertreten.
Umweltverbände und Bürgerinitiativen übten scharfe Kritik an dem Gesetz. "Ein neues unbelastetes Suchverfahren unter Einbeziehung von Gorleben ist schwer möglich", sagte der Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger. Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation "Ausgestrahlt" rügte die seiner Ansicht nach fehlenden Mitspracherechte der Bevölkerung im Suchprozess. In den fünf Jahren der Entwicklung des neuen Suchverfahrens sei erst gar nicht der Versuch unternommen worden, die betroffenen Anwohner der möglichen Endlagerstandorte mit einzubeziehen. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg prognostizierte ein Scheitern des Suchverfahrens.
Für die Endlager-Suche wurde ein Nationales Begleitgremium eingesetzt. Ihm gehören unter anderem der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) und Klaus Brunsmeier vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland an sowie die Studienleiterin der Evangelischen Akademie Loccum, Monika Müller, und der Leiter des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag, Armin Grünwald.