Empört äußerte sich der 1937 in Osnabrück geborene Jurist über Gräueltaten. "Wir stellen immer wieder massive Verletzungen des humanitären Völkerrechts fest, die teilweise systematisch und von unterschiedlichen Konfliktparteien verübt werden", beklagte Seiters. Krankenhäuser und Wohnviertel würden gezielt angegriffen und der Zugang zu Wasser und Lebensmittel verweigert.
"Vor den Augen der Weltöffentlichkeit vollzieht sich nun schon seit nunmehr sechs Jahren die größte humanitäre Katastrophe seit Ende des Zweiten Weltkrieges, ohne dass sich eine Lösung des Konfliktes abzeichnet", sagte der DRK-Präsident. "Das macht mich traurig und manchmal auch wütend." Sein Wunsch wäre, in Syrien an einen Wiederaufbau denken zu können, anstatt Not- und Überlebenshilfe zu leisten.
Rund 13,5 Millionen Menschen seien in Syrien auf Hilfe angewiesen, mehr als die Hälfte der ehemaligen Bevölkerung. "Es mangelt an allem, selbst die einfachen Grundbedürfnisse zu stillen, ist schwierig", betonte Seiters, der seit 2003 Präsident des DRK ist. Mindestens vier Millionen Menschen seien ins Ausland geflüchtet.
Die DRK-Schwesterorganisation Syrischer Roter Halbmond könne als einziges Hilfswerk in Rebellen- und in Regierungsgebieten arbeiten, habe aber auch nicht überall Zugang. "Beinahe fünf Millionen Menschen leben in belagerten oder nur schwer zu erreichenden Gebieten", sagte Seiters.
Zugleich arbeiteten die Helfer oft unter Lebensgefahr. 63 Mitarbeiter des Roten Halbmonds seien bereits umgekommen. "Das ist eine erschreckende und traurige Zahl." In Syrien kämpfen das Assad-Regime, mehrere Rebellengruppen und Terrormilizen wie der "Islamische Staat" (IS) um die Macht. Russland und der Iran unterstützen die Regierung, die Türkei und die USA Rebellen.