In Westafrika spielt sich durch Terror und Hunger eine der schlimmsten humanitären Krisen weltweit ab. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Die internationale Gemeinschaft stellt deshalb mindestens 672 Millionen Euro bereit, um die Not in der krisengeplagten Tschadsee-Region in Afrika zu lindern. Das versprachen Regierungen und internationale Organisationen am Freitag auf einer Geberkonferenz in der norwegischen Hauptstadt Oslo. Dies sei ein großer Sprung nach vorne, erklärte UN-Nothilfekoordinator Stephen O'Brien auf Twitter. Die Bevölkerung in Nigeria, Niger, Kamerun und dem Tschad leidet unter der brutalen Gewalt der radikalislamischen Terrorgruppe Boko Haram, einer heftige Dürre und allgegenwärtiger Armut.
Etwa 10,7 Millionen Menschen in der Region sind laut UN auf Nothilfe angewiesen, rund 1,5 Milliarden US-Dollar werden dafür benötigt. Deutschland hat die Konferenz zusammen mit Norwegen und Nigeria organisiert.
Die Bundesregierung sagte 120 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und für Stabilisierungsmaßnahmen zu, verteilt auf die nächsten drei Jahre. "Es geht buchstäblich um das nackte Überleben von Millionen von Menschen", sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach Ansicht des Ministers ist es allein mit humanitärer Hilfe jedoch nicht getan. "Wir müssen stärker als bisher auch krisenvorbeugend und stabilisierend wirken, um dem grausamen Terror den Nährboden zu entziehen", sagte Gabriel.
Die EU-Kommission kündigte einen Beitrag von 105 Millionen Euro zur Bekämpfung der Krise an. "Diese Gelder werden helfen, die existenziellen Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerungen zu befriedigen", sagte der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides in Oslo. Die Bedingungen, um die Hilfe zu den Menschen zu bringen, seien in der Region derzeit allerdings "außerordentlich schwierig", erklärte Stylianides.
Im Nordosten Nigerias und der Region um den Tschadsee spielt sich Experten der "International Crisis Group" zufolge eine der schlimmsten humanitären Krisen weltweit ab. Hauptgrund für die Not sind die Kämpfe zwischen Boko Haram und internationalen Truppen, durch die allein im Norden Nigerias rund 8,5 Millionen Menschen auf der Flucht sind.
Zusätzlich 40 Millionen Euro für Südsudan
Gleichzeitg hat Deutschland angesichts der Hungersnot im Südsudan dem Land weitere 40 Millionen Euro für humanitäre Hilfe zugesagt. Die Not in der Region sei nur schwer erträglich, sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Millionen Menschen bräuchten dringend Hilfe. Die UN haben in zwei Bezirken des Südsudan die Hungersnot ausgerufen, weitere Regionen könnten folgen. In dem ostafrikanischen Land sind rund fünf Millionen Menschen dringend auf Lebensmittelhilfe angewiesen, das ist etwa die Hälfte der Bevölkerung.
Auch in den Ländern des Horns von Afrika, Somalia, Kenia und Äthiopien haben Millionen von Menschen nicht genug zu essen. Bereits am Montag hatte Deutschland 16,5 Millionen Euro für die drei Länder zur Verfügung gestellt. Mit dem Geld soll vor allem die Nahrungsmittel- und Trinkwasserversorgung sowie die Koordinierung der Hilfsmaßnahmen unterstützt werden.
Während in Kenia und Äthiopien die Dürre zu dem akuten Lebensmittelmangel führt, erschweren im Südsudan und in Somalia die blutigen Bürgerkriege zusätzlich das Leben der Menschen. Millionen von Südsudanesen und Somalier sind auf der Flucht. Die Vereinten Nationen befürchten, dass es auch in Somalia zu einer Hungersnot kommt. Insgesamt hungern laut UN am Horn von Afrika mehr als elf Millionen Menschen.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte, es brauche neben der Soforthilfe dringend langfristigere Projekte, um die Menschen vor weiteren Dürren zu schützen, denn die Trockenheit nehme wegen des Klimawandels zu. "Es hilft nichts, wenn wir immer nur reagieren", erklärte Müller. Wenn die Nothilfe komme, sei es oft schon zu spät. Müller forderte einen globalen Krisenfonds von zehn Milliarden US-Dollar, mit dem die Vereinten Nationen befähigt würden, vorausschauend zu handeln. Auch die EU brauche ein neues ziviles Krisenkonzept. Hilfreich für die Menschen seien beispielsweise Klimarisikoversicherungen, moderne Bewasserungssysteme und Saatgut, das längere Trockenheit aushalte, sagte Müller.