Mit einem Trauergottesdienst und einem Staatsakt haben die Spitzen des Landes und politische Weggefährten am Dienstag Abschied vom früheren Bundespräsidenten Roman Herzog genommen. Bei den Feierlichkeiten im Berliner Dom mit anschließendem militärischen Ehrengeleit waren alle Verfassungsorgane des Staates vertreten, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) und Bundesratspräsidentin Malu Dreyer (SPD). Bundespräsident Joachim Gauck erinnerte an Herzogs "Ruck-Rede" und das damit verbundene Plädoyer zum Mut zu Veränderung.
Herzog, der von 1994 bis 1999 Bundespräsident war, war am 10. Januar im Alter von 82 Jahren gestorben. Gauck erinnerte an dessen Werben für Innovationen und Reformen. Er habe in seinen Reden immer wieder Türen für neues Denken aufgestoßen, sagte Gauck in seiner Ansprache. Außerdem würdigte Gauck Herzogs Nüchternheit und Bürgernähe. Jeder Pomp, Überschwang sowie devote Staats- und Autoritätsgläubigkeit seien ihm erkennbar fremd gewesen. Er habe nicht anders gekonnt, "als aus allem allzu Aufgeblasenem die Luft herauszulassen", sagte Gauck.
Bedford-Strohm: Herzog als "Botschafter der Versöhnung"
Nach dem Tod der Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker und Walter Scheel habe er zum dritten Mal in seiner Amtszeit die traurige Pflicht, einen Vorgänger im Amt zu verabschieden, ergänzte der amtierende Bundespräsident. "Es scheint, als seien diese Abschiede auch so etwas wie endgültige Abschiede von der alten Bundesrepublik", sagte Gauck.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, würdigte Herzog in seiner Predigt als "Botschafter der Versöhnung". Als Bundespräsident habe er sich in besonderer Weise für die Verständigung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands eingesetzt. Zudem erinnerte der bayerische Landesbischof an Herzogs Initiative zur Einführung des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar.
Gauck: Herzogs "Ruck" ist sprichwörtlich geworden
Er habe damit eine Erinnerungskultur unterstrichen und gestärkt. Herzog habe "die Liebe zum eigenen Land nicht mit Selbstrechtfertigung und Verdrängen der eigenen dunklen Seiten verwechselt", sagte Bedford-Strohm. Herzog war selbst engagiert in der evangelischen Kirche. Von 1973 bis 1991 war er Mitglied der EKD-Synode, von 1971 bis 1980 Vorsitzender der Kammer für Öffentliche Verantwortung.
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, erinnerte an Herzogs Verdienste als Jurist und würdigte ebenfalls dessen Bodenständigkeit. Er habe nie "künstlich, abgehoben, verkopft" sein wollen. Als überzeugter Christ habe er Herausforderungen mit gelassener Demut entgegen gesehen. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hob Herzogs "herausragende wissenschaftliche Qualifikation" hervor, die ein eher distanziertes Verhältnis zur politischen Geschäftigkeit begründet habe. Schäuble würdigte Klugheit und Effizienz Herzogs. "Wir haben einen großen Staatsmann verloren", sagte er.
EU-Ratspräsident Donald Tusk würdigte Herzog als engagierten Europäer, dessen "Ruck"-Rede über die Grenzen Deutschlands hinaus breiten Widerhall erfahren habe. "Heute sollten wir Roman Herzog versprechen, dass wir uns seine Botschaft zu Herzen nehmen", sagte Tusk. "Auch durch Europa muss ein Ruck gehen", sagte der frühere polnische Ministerpräsident.