Koalition weiter uneins über abgelehnte Asylbewerber aus Maghreb-Staaten

Koalition weiter uneins über abgelehnte Asylbewerber aus Maghreb-Staaten
Die Bundesregierung ist weiter uneins, was mit abgelehnten Asylbewerbern aus den Maghreb-Staaten passieren soll. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) möchte die nordafrikanischen Länder unter Druck setzen. Entwicklungsminister Gerd Müller (CDU) widerspricht.

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) plädierte erneut dafür, die nordafrikanischen Länder unter Druck zu setzen, um sie zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerber zu bewegen. Er nannte in diesem Zusammenhang auch die Entwicklungszusammenarbeit. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) lehnt hingegen eine Kürzung der Hilfe für nordafrikanische Länder ab.

SPD-Chef Gabriel sagte am Sonntag im Interview der Woche des Deutschlandfunks: "Es kann nicht sein, dass die Bundesrepublik Deutschland in vielfältiger Weise diesen Staaten hilft, aber umgekehrt die ihre Staatsbürger nicht zurücknehmen." Die Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien müssten bereit sein, mit Deutschland Verträge über eine schnellere Rückführung ihrer Staatsbürger zu schließen.

Zugleich regte Gabriel an, Länder für eine bessere Zusammenarbeit zu belohnen: "Wenn sie helfen, mehr machen. Wenn sie nicht helfen, weniger machen!" Wer sich bei der Rücknahme der eigenen Staatsbürger verweigere, müsse mit Sanktionen rechnen: "Da gibt es Möglichkeiten, was die Entwicklungszusammenarbeit angeht, da gibt es Möglichkeiten bei der Wirtschaft", sagte der Bundeswirtschaftsminister.

Entwicklungsminister Müller lehnte einen Ausstieg aus der Entwicklungszusammenarbeit mit den nordafrikanischen Staaten ab. Diese Länder nähmen selbst jedes Jahr Zehntausende Migranten auf und "fangen somit einen Teil des Drucks aus Sub-Sahara-Afrika ab", sagte Müller dem "Tagesspiegel" (Samstag). "Deshalb haben wir ein großes Interesse, dass sich diese Länder stabil entwickeln."

Müller wies darauf hin, dass auch Tunesien oder Marokko großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit Deutschland hätten. Sein Ministerium wolle mit der Hilfe in diesen Ländern der Bevölkerung eine Perspektive geben. Müller kündigte an, in beiden Ländern jeweils ein Rückkehrzentrum aufzubauen: "Dort bekommen in Deutschland abgelehnte Asylbewerber ganz praktische Unterstützung für ihren Neustart in ihren Heimatländern."

Zuvor hatten sich bereits Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die großen Kirchen gegen die Streichung von Entwicklungshilfe für Staaten gewandt, die abgelehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen. Die Folge wäre eine Destabilisierung der Länder und sogar eine stärkere Migration, erklärte am Freitag Prälat Martin Dutzmann, der evangelische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE).

Der Fall des Attentäters vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, hatte die Debatte über Sanktionen ausgelöst. Amri konnte nicht abgeschoben werden, weil Tunesien sich weigerte, ihn einreisen zu lassen und keine Papiere
ausstellte.