Der Vorsitzende der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hat dem Vorschlag der Grünen, Pflegebedürftigen Sex mit Prostituierten auf Rezept zu ermöglichen, eine Absage erteilt. "Damit gewinnen die Grünen die Hoheit über bundesdeutsche Stammtische", erklärte er am Sonntag in Dortmund. Den Millionen Betroffenen werde so aber nicht weitergeholfen. "Wer täglich damit zu kämpfen hat, beim Stuhlgang, Waschen und Essen Hilfe zu erhalten, hat andere Sorgen", erklärte Brysch. Hier könne die Partei mit Verbesserungsvorschlägen überzeugen.
Brysch reagierte auf einen Vorschlag der pflegepolitischen Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Elisabeth Scharfenberg. Sie hatte in der "Welt am Sonntag" gefordert, Pflegebedürftigen und schwer Kranken Sex mit Prostituierten zu bezahlen. "Eine Finanzierung für Sexualassistenz ist für mich vorstellbar", sagte sie der Zeitung. "Die Kommune könnte über entsprechende Angebote vor Ort beraten und Zuschüsse gewähren."
Vorbild wären laut Bericht die Niederlande, wo es bereits die Möglichkeit gibt, sich als Pflegebedürftiger die Dienste sogenannter Sexualassistentinnen, also zertifizierter Prostituierter, bezahlen zu lassen. Die Betroffenen müssen allerdings im Nachbarland per ärztlichem Attest nachweisen, sich nicht auf andere Weise befriedigen und die Dienstleistung nicht selbst bezahlen zu können.
Auch in Deutschland gebe es immer mehr Prostituierte, die etwa in Pflegeheimen ihre Dienste anbieten, hieß es. Das Spektrum reiche von zärtlichen Berührungen bis zum Geschlechtsverkehr. Da die Berufsbezeichnung hier nicht geschützt sei, existierten jedoch große Qualitätsunterschiede, was den Umgang der Sexarbeiterinnen etwa mit Demenzkranken angehe.
Der Pflegeforscher Wilhelm Frieling-Sonnenberg, Professor an der Hochschule Nordhausen, bezeichnete in der Zeitung das Konzept als "menschenverachtend": Es gehe allenfalls darum, Menschen durch sexuellen Druckabbau wieder funktionstüchtig machen zu wollen, damit sie pflegeleichter sein.