Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann und Kirchenbundpräsident Gottfried Locher hoben am Donnerstag bei einem Festakt in Zürich die Freiheit als Folge der Reformation hervor. Schneider-Ammann betonte, dass sich die Welt wie zu Zeiten der Reformation im Umbruch befindet. Viele Menschen seien heute genauso verunsichert wie damals. Sie sehnten sich in "eine stabilere, besser überschaubare, besser geordnete Welt zurück", unterstrich er.
Rückwärtsgewandte Kräfte propagierten heute Ideen und Überzeugungen, die sich mit den Werten der Reformation beißen würden: "Globalisierung und die Reformation haben uns viel gegeben, was unsere Zeit auf diesem Planeten lebenswerter und intensiver macht", sagte das Mitglied der siebenköpfigen Schweizer Regierung.
Gerecht sein gegenüber den Armen
Der Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds, Gottfried Locher, erklärte, dass die Reformation den modernen Staat und die liberale Gesellschaft zu einem großen Teil mitgeprägt habe. "Freiheit ist Konsens in der Schweiz, das ist eine Errungenschaft von größter Bedeutung." Staat und Kirche müssten sich den Kräften entgegenstellen, die die Freiheit und Eigenverantwortung demontieren wollen.
Auf die soziale Dimension der Reformation konzentrierte sich Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch. Mit der Aufhebung der Klöster, welche sich um die Armenpflege gekümmert hätten, sei das moderne Sozialwesen entstanden. "Um es in der Gedankenwelt der Reformation zu formulieren: Gottesfürchtig und christlich handeln, das heißt immer auch gerecht sein gegenüber den Armen", erläuterte die Bürgermeisterin.
Am Freitag und Samstag sollen in Zürich verschieden Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum stattfinden. Rund um das Großmünster soll eine Lichtinstallation die Nacht erhellen. Bilder und die Silhouette des Zürcher Reformators Ulrich Zwingli (1484 - 1531) werden projiziert.
Die evangelische Kirche feiert bis zum Oktober 500 Jahre Reformation. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag an der Schlosskirche zu Wittenberg gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.
In Zürich wird vor allem an den ersten Arbeitstag Zwinglis als Großmünsterpfarrer am 1. Januar 1519 erinnert. Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz wirkte auch der Reformator Jean Calvin (1509-1564). Im Jahr 2009 feierten reformierte Christen weltweit Calvins 500. Geburtstag. In der Schweiz sind die meisten evangelischen Christen reformiert.