Frau Ludowig, die evangelische Kirche feiert 500 Jahre Reformation. Warum feiern sie mit?
Frauke Ludowig: Ich finde, das Reformationsjubiläum ist ein sehr guter Grund zu feiern. Ich bin gerne evangelisch, komme aus einer sehr traditionellen Familie, die den Glauben immer gelebt hat. Sie hat mir vermittelt, dass es Spaß macht zu glauben. Als Moderatorin arbeite ich zudem in einem Genre, in dem es um den schnellen Alltag geht, um Aktualität. Mir liegt es ganz besonders am Herzen, auch über Dinge zu sprechen, die etwas mit Werten zu tun haben. Mit Themen, die mich in der Familie beschäftigen.
Ihre Kinder sind getauft. Warum war Ihnen das wichtig?
Ludowig: Glauben macht Spaß. Das möchte ich gerne weitergeben an meine Kinder. Ich bin selber getauft, ich bin konfirmiert, ich habe Patenkinder. Es war für mich immer klar: Wenn ich Kinder habe, werden sie getauft.
Gehört zum Spaß am Glauben auch das Beten?
Ludowig: Definitiv. Ich bete gern mit den Kindern, weil es etwas Schönes und Familiäres hat, weil es uns miteinander verbindet. Es hat auch etwas mit gemeinsamer Hoffnung zu tun. Zum Beispiel hoffen wir, dass es die Großeltern noch ganz lange gibt. Ich selbst bete, wenn ich das Bedürfnis danach habe. Das versuche ich auch den Kindern zu vermitteln. Sie sagen nicht jeden Abend, aber doch häufig: "Ich möchte jetzt beten." Manchmal sogar ohne ihre Eltern.
Ihre ältere Tochter besucht den Konfirmandenunterricht. Geht sie gern in den Gottesdienst?
Ludowig: Am Sonntagmorgen saß ich mit den Kindern im Bett und habe die Große gefragt: "Sag mal, möchtest du eigentlich heute mit zum Gottesdienst gehen?" Sie hat geantwortet: "Ich war jetzt schon so oft in diesem Jahr, eigentlich kann ich doch auch nächsten Sonntag gehen.“ Die Kleine meinte daraufhin: ‚Och, dass du da so oft hin musst. Ich hätte dazu gar keine Lust." Dann sagte die Große aber gleich: "Ja gut, dann musst du dich aber auch nicht konfirmieren lassen." Und ist mitgekommen. Für sie gehören der Gottesdienstbesuch und der Konfirmandenunterricht dazu. Und ich muss sagen: Wenn sie nach dem Unterricht nach Hause kommt, ist sie beflügelt. Das ist eben auch ein Teil der Erziehung, die man gar nicht selber leisten muss, sondern das macht in dem Moment die Kirche, die Pastorin.
Die evangelische Kirche feiert 500 Jahre Reformation. Dieses Datum ist untrennbar mit Martin Luther verbunden, der 1517 seine 95 Thesen in Wittenberg veröffentlicht hat. Wer ist Luther für Sie?
Ludowig: Luther ist für mich ein Vorbild in seinen Gedanken, ein Kämpfer, ein positiver Mensch. Er hat für Themen gelebt, die nie aus der Mode kommen werden.
"Ich bin jedes Mal fasziniert, wenn ich in die Kirche gehe und der Pfarrer vorne versucht, Antwort auf drängende Fragen zu finden"
Stellen Sie sich vor, sie würden Luther heute in Ihre TV-Sendung einladen. Wie würden Sie ihn vorstellen?
Ludowig: Es gibt viele Attribute, die auf ihn passen: modern, frisch, ein junger Kopf … Er ist jemand, der immer wieder ringt, auch um die Gnade Gottes. Jemand, der immer wieder auf der Suche ist nach etwas Neuem, nach etwas, das besser ist. Das ist etwas sehr Modernes. Er hat den Weg bereitet für viele andere, die danach kommen.
Was würden Sie ihn in der Sendung fragen?
Ludowig: Ich würde ihn fragen, was er heute verändern möchte. Es gibt so viele Themen momentan, die wichtig für uns alle sind. Es gibt so viele Unruhen weltweit. Auch im Gottesdienst wird das aufgenommen: "Was können wir dagegen tun, dass es nicht noch schlimmer wird?" Es wäre spannend, sich mit Luther diesen Fragen zu nähern und zu versuchen, darauf Antworten zu finden.
Was könnte Luther uns heute geben?
Ludowig: Es ist das, was die Kirche vielen Menschen bis heute gibt, nämlich Halt – und Hoffnung. Ich bin jedes Mal fasziniert, wenn ich in die Kirche gehe und der Pfarrer vorne versucht, Antwort auf drängende Fragen zu finden. Es gehört unheimlich viel Optimismus dazu. Optimismus, den viele Menschen heute leider verloren haben angesichts von Dingen, wie sie in Paris und in Brüssel passiert sind.
Bleiben Sie selbst optimistisch?
Ludowig: Ja, Reformation bedeutet für mich auch im Blick auf meine journalistische Arbeit, bei all dem, was Schreckliches passiert in der Welt, nie die Hoffnung aufzugeben! Und bei all den traurigen und schrecklichen Nachrichten, die man täglich verbreiten muss, auch immer zu versuchen, ein Fünkchen Positives mit rüberzubringen. Ich bemühe mich, immer positiv zu denken. Wenn das nicht gelingt, wenn die eigene Kraft mal nicht so stark ist, dann hilft mir der Glaube. Das ist für mich selbst eine schöne Erfahrung.
Sie beschreiben Martin Luther als Erneuerer. Gibt es Momente in Ihrem Leben, wo Sie sagen: Ja, da entdecke ich für mich selber Reformation, da muss etwas anders werden?
Ludowig: Wenn man sein Leben kritisch betrachtet, dann gibt es diese Momente ganz, ganz häufig. Ich glaube, man entwickelt sich nur fort, wenn man sich immer wieder reformiert, wenn man sich verändert, wenn man an den Punkt kommt zu sagen: So soll es jetzt nicht weitergehen. Aber ich musste – das hat wohl etwas mit Alter, mit Reife zu tun – lernen, Nein zu sagen. Ich gehöre zu den Menschen, die lange zu allem Ja gesagt haben, weil sie meinten, das gehört sich so. Aber die Qualität ist, irgendwann zu erkennen, dass das gar nicht gut ist. Es gibt jetzt gerade ein aktuelles Projekt, bei dem ich gesagt habe: Nein, ich mache das nicht. Und es war gut. Nicht nur für mich, sondern ich habe damit auch ein positives Zeichen gesetzt. Meine Ansprechpartner haben gemerkt: Die macht nur das, wo sie wirklich mit Herz und Verstand dabei ist.
Sie engagieren sich auch für die Stiftung Lesen …
Ludowig: … das hätte vermutlich auch Luther gut gefunden. Aber tatsächlich ist es einfach ein guter Gedanke, etwas für die Bildung zu tun. Wenn man sich vorstellt, wie viele Menschen es weltweit leider immer noch gibt, die keine Bildung erfahren, die nicht lesen können – sogar in unserer Gesellschaft –, dann ist das dramatisch. Und ich finde, für mehr Bildung kann jeder etwas tun. Vor allem Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, sollten etwas dafür tun.
Luther hat viele Sprüche hinterlassen: Wenn du ein Kind siehst, hast du Gott auf frischer Tat ertappt. Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz. Wo du dein Herz dran hängst, das ist dein Gott. Welchen finden Sie gut?
Ludowig: Also ich bin auf jeden Fall bei dem Spruch mit dem Arsch und dem Furz. Nicht nur weil der Spruch bei uns in der Familie öfter mal gebraucht wurde. Ich finde den auch lustig, das ist ein Spruch, bei dem man lacht. Und es gehört dazu, dass man Humor mit diesen Themen verbindet.
Nehmen wir an, Luther würde heute eine Sendung bei RTL machen. Welche wäre das?
Ludowig: Wenn er noch da wäre, könnte er ganz viele Sendungen machen. Angefangen von "Wer wird Millionär", da wäre er auch ein guter zweiter Jauch. Aber er könnte natürlich auch gut Menschen miteinander verbinden. Also bei "Bauer sucht Frau" wäre er vielleicht auch der Richtige.