Regionalbischof: Luthers Rechtfertigungslehre weiter aktuell

Regionalbischof: Luthers Rechtfertigungslehre weiter aktuell
Martin Luthers Botschaft von der Rechtfertigung des Menschen allein aus der Gnade Gottes ist nach Auffassung des Stader Landessuperintendenten Hans Christian Brandy die zentrale Botschaft der Reformation. "Das hat eine unglaublich hohe Aktualität", sagte der leitende Theologe am Freitagabend in Bückeburg vor der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe. "Das heißt: Ich bin in Gottes Augen wertvoll - unabhängig von Leistung und Selbstoptimierung. Ich bin mehr als die Summe meiner Leistungen und Gott sei Dank auch meiner Fehlleistungen."

Das sei eine "unerhört menschenfreundliche Botschaft", die Freiheit und Leichtigkeit ins Leben bringe, betonte Brandy. "Und es ist eine unerhört ermutigende Botschaft, persönlich und für unsere Kirchen." Es gehe eben nicht um immer mehr Anstrengung zur Optimierung der Gemeinde. Auch hier habe die Botschaft von der Rechtfertigung eine große Bedeutung: "Gott baut seine Kirche mit fehlbaren Menschen, mit fehlbaren Gemeinden, in denen Menschen sich Mühe geben, in denen vieles gelingt, in denen aber auch vieles bruchstückhaft bleibt und bleiben darf."

Bis Ende Oktober kommenden Jahres feiert die evangelische Kirche das 500. Reformationsjubiläum: Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag Luthers gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.

Um auf das Reformationsjubiläum aufmerksam zu machen, ist bundesweit und auch vielerorts in Niedersachsen ein umfangreiches Programm geplant. An diesem Wochenende steht das Jubiläum im Mittelpunkt der Herbstsynode der schaumburg-lippischen Landeskirche, die bis Sonnabend in Bückeburg tagt.

Brandy verwies zum Auftakt auch auf dunkle Seiten der Reformation, zu denen er die Spaltung der westlichen Christenheit zählt: "Es darf uns daher 2017 nicht um konfessionelle Abgrenzung gehen, nicht um Identitätssicherung auf Kosten anderer. Das Reformationsjubiläum kann nur in ökumenischem Geist gefeiert werden." Nötig sei eine kritische Rezeption Luthers, "besonders, aber nicht nur zur Frage der Juden".

Der Stader Regionalbischof rief überdies dazu auf, die Reformation nicht auf Martin Luther zu reduzieren. Luther sei zwar die Zentralgestalt des 16. Jahrhunderts. Aber viele andere Personen gehörten zur Geschichte der Reformation, nicht nur Männer, sondern auch Frauen. Insgesamt verbiete sich bei den Jubiläumsfeierlichkeiten jeder Triumphalismus. "Auch wenn wir das Reformationsjubiläum in fröhlichem evangelischem Selbstbewusstsein feiern: Unsere Kirche ist zum Lob Gottes und nicht zum eigenen Ruhm berufen."