Nachdem sich die EKD-Synode vor einem Jahr von judenfeindlichen Aussagen Martin Luthers (1483-1546) distanziert hatte, wird sich das Kirchenparlament bei seiner Tagung Anfang November mit der umstrittenen Judenmission befassen. Ziel sei "eine theologische Klärung und Positionierung", sagte ein EKD-Sprecher am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Über die Judenmission wird in der evangelischen Kirche schon seit langem diskutiert. Heute spricht sich in der EKD zwar eine Mehrheit gegen die Mission von Juden aus, evangelikale Gruppen unter anderem in Württemberg indes vertreten abweichende Meinungen, so dass eine einheitliche Position beim Blick auf die 20 Landeskirchen in Deutschland nicht erkennbar ist. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hatte sich im November 2015 von der EKD-Synode eine "klare Absage" an die Judenmission gewünscht.
Kritische Neubewertung
Synodenpräses Irmgard Schwaetzer ließ das Thema bei einem Studientag des Kirchenparlaments im April hinter verschlossenen Türen ausgiebig beraten. Der EKD-Sprecher sagte, nach dem Völkermord der Nationalsozialisten habe die EKD ihr Verhältnis zum Judentum theologisch neu bestimmt: "Im Zentrum stand das Bekenntnis zur bleibenden Erwählung des Volkes Israel. Von hier aus ergibt sich eine kritische Neubewertung aller Aktivitäten, die auf eine Bekehrung von Juden zum christlichen Glauben zielen."
Die EKD-Synode tagt vom 6. bis 9. November in Magdeburg. Wenige Tage zuvor, am 31. Oktober, beginnt das Festjahr zum Reformationsjubiläum, das auf die Veröffentlichung der 95 kirchenkritischen Thesen Luthers im Jahr 1517 zurückgeht. Schwerpunkthema der jährlichen Synodentagung ist "Europäische Solidarität - Evangelische Impulse". Zur Eröffnung der Tagung wird unter anderen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erwartet.