In Deutschland sind pro Jahr 5,3 Millionen Menschen von einer Depression betroffen. Jedoch nur etwa jeder fünfte Patient werde ausreichend behandelt, betonte der Repräsentant der European Depression Association in Deutschland und Ärztliche Direktor der Burghof-Klinik im niedersächsischen Rinteln, Detlef Dietrich, am Mittwoch in Berlin. Rund 18 Prozent der Betroffenen seien überhaupt nicht in Behandlung.
Grund dafür sei die angespannte Versorgungslage. Häufig müssten Patienten mehrere Monate warten, um einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen. Vertreter der Bundesärztekammer, der Wissenschaft und der Deutschen Gesellschaft für Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) plädierten dafür, dass die Rolle des Hausarztes zu Behandlung von Depressionen künftig größere Bedeutung bekommt. "Diese sind häufig der erste Ansprechpartner und begleiten die Patienten oft lebenslang", betonte DGPPN-Präsidentin Iris Hauth.
Viele Depressionspatienten würden von Hausärzten behandelt. Das sei vor allem bei leichten oder mittelschweren Verläufen der Fall. Die DGPPN-Chefin sprach sich dafür aus, Hausärzte bundesweit künftig besser zu psychischen Erkrankungen zu schulen. Zudem sollten bundesweit "niedrigschwellige" Behandlungs-Angebote erweitert und ein Netzwerk von verschiedenen Fachleuten zur Behandlung der psychischen Erkrankung aufgebaut werden. "Wir hoffen, dass dadurch die Versorgung der Depressionspatienten dichter wird", sagte Hauth.
Auch die ehemalige Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Cornelia Goesmann, betonte: "Zehn Prozent der Patienten, die an einem Tag zum Hausarzt gehen, haben eine Depression." Hausärzten komme bei Diagnose, Patientenaufklärung, Therapie und Langzeitbetreuung eine sehr hohe Bedeutung zu. "Oft sind sie die Ersten, die im vertrauten Gespräch die gedrückte Stimmung ihres Patienten und die Schwere seiner Erkrankung erfassen", sagte die Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapie in Hannover. Sie verwies zudem auf ein Vorbildmodell in Niedersachsen. Mehr als 1.000 Ärzte haben sich dort zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, damit Depressionspatienten innerhalb von 14 Tagen über ihren Hausarzt einen Termin beim Facharzt vermittelt bekommen.
Am 1. Oktober ist Europäischer Depressionstag. Der Tag wird in diesem Jahr zum 13. Mal begangen und steht unter dem Thema "Depression: Why know? Why treat?" Das Wissen über depressive Erkrankungen habe sich zwar in den vergangenen Jahren deutlich verbessert, dennoch gebe es weiter großen Aufklärungsbedarf, weil ein frühzeitiges Erkennen von Depression der beste Schutz vor einem langen Krankheitsverlauf oder einem möglichen Suizid sei, hieß es.