Ein friedliches Verhältnis der Religionen sei Bedingung eines befriedeten Europas, sagte Hein am Donnerstagabend in Brüssel. Das gelte "gerade auch im Blick auf den Islam, von dem wir ein ziemlich enges Zerrbild kultivieren, mit dem wir die Mehrheit der muslimischen Menschen in Europa verletzen", sagte der Theologe bei einer Veranstaltung über "Religion im säkularen Europa".
Erst das Zerrbild treibe dann zum Beispiel muslimische Flüchtlinge dazu, "ihre muslimische Identität als eine religiöse Identität" zu entdecken, "mit der Folge, dass sie hier nun einen Schleier tragen" oder "dass sie religiöse Gebete praktizieren, was ihnen zu Hause eher fern lag", sagte Hein. Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck berief sich dabei auf eigene Begegnungen mit Flüchtlingen.
Grundsätzlich plädierte Hein dafür, Religion in der Politik nicht zu tabuisieren. Gerade der Staat, der sich als säkular, also als weltlich verstehe, könne die Religion als "Gestaltungsmacht" ernst nehmen. Denn als weltlicher Staat trete er nicht in Konkurrenz zur Religion: "Der säkulare Staat, auch das säkulare Europa, kann durchaus ein positives Interesse an der Religion zeigen und ist, weil ja der Staat selbst keine religiösen Ansprüche vertritt, genau dafür ein stabiler Rahmen, dass sich die Religionen im Rahmen der gegebenen Verfassungen entwickeln können." Hein verwies auch auf den Lissabon-Vertrag, der die Kirchen und religiösen Vereinigungen als Gesprächspartner der EU ausdrücklich nennt.
Ein "christliches Europa" im Sinne einer "religiösen Monokultur, wie wir das lange Zeit hatten, wird es nicht wieder geben", erklärte der Theologe. Ebenso undenkbar sei aber ein Europa "ohne modernes, aufgeklärtes Christentum", ohne das Judentum und "ohne einen entsprechend gestalteten und eingebundenen Islam".