Speyer (epd). Politische Verfolgung, Mord und Denunziation hätten in vielen Migrantenfamilien Traumata hervorgerufen, sagte Reinhard Schott, Vorsitzender der Konferenz der Aussiedlerseelsorge der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), am Mittwoch in Speyer. Auch deren Nachfahren litten darunter, obwohl sie seit Jahren in Deutschland lebten oder hier geboren wurden.
Es gebe keine russlanddeutsche Familie, für die der 28. August 1941 nicht schicksalhaft gewesen wäre, sagte Schott anlässlich des 75. Jahrestages des Stalin-Erlasses zur Deportation der Wolgadeutschen. Mit dieser Zwangsumsiedlung sei fast eine halbe Million Menschen in Güterwaggons aus den westlichen Teilen der Sowjetunion, aus Georgien und Aserbaidschan nach Sibirien und Mittelasien deportiert worden.
Große Mitverantwortung der Kirchengemeinden
Als "Volksfeinde" seien die Wolgadeutschen zur Zwangsarbeit eingezogen worden, ihre Kinder sich selbst überlassen worden. Viele seien an Krankheiten, Unterernährung und Erschöpfung gestorben, sagte Schott, der auch Integrationsbeaufragter der pfälzischen Landeskirche und ihrer Diakonie ist.
Mehr als vier Millionen Deutsche aus der ehemaligen Sowjetunion seien in den vergangenen Jahrzehnten in die Bundesrepublik gekommen, etwa die Hälfte sei evangelisch, sagte Schott. Heute bildeten die "Russlanddeutschen" rund zwölf Prozent der Mitglieder in der EKD. Sie seien damit die größte Zuwanderergruppe. Die Kirchengemeinden trügen eine große Mitverantwortung, "damit aus dem mutigen Aufbruch nach Deutschland auch gelingende Lebensläufe und eine gute, aktive Partizipation in Kirche und Gesellschaft werden", sagte Schott.