Bei einem Trauergottesdienst im Liebfrauendom haben Vertreter von Kirchen und Religionsgemeinschaften, Politik und Gesellschaft am Sonntag der neun Opfer des Münchner Amoklaufs gedacht. Kardinal Reinhard Marx und der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm riefen angesichts von Terror und Gewalt zu mehr Menschlichkeit, Fürsorge und Wachsamkeit auf. An dem Gottesdienst nahmen unter anderen Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) teil.
Marx und Bedford-Strohm versicherten den Angehörigen des Opfer ihre Solidarität und ihr Mitgefühl. Die Klage über die Opfer dürfe nicht zu Ohnmacht führen, sondern zu konstruktivem Widerstand gegen das Böse, gegen Misstrauen und Angst, sagte Kardinal Marx. Die Antwort auf die Gewalttat seien Wege des Miteinanders und eine neue Fähigkeit des Zusammenlebens. Abschottung, Misstrauen und Angst dürften nicht das letzte Wort haben.
Bischof Heinrich Bedford-Strohm sagte, dass Frühwarnsysteme nötig seien, die helfen, Planungen für Gewalttaten rechtzeitig zu stoppen. Die politisch Verantwortlichen müssten nach Wegen suchen, um das Risiko weiterer Gewaltakte zu begrenzen, forderte der Theologe, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Die Medien müssten "ihre Berichterstattung reflektieren und für die Zukunft unterscheiden lernen, wo sie ihre Informationspflicht erfüllen und wo sie zu einer möglichen Hysterie beitragen, die niemandem hilft".
Der Bischof erinnerte auch daran, wie kostbar das Leben sei. Durch die Bluttaten hätten die Menschen die Endlichkeit des Lebens vor Augen geführt bekommen. "Wir merken, wie wenig selbstverständlich das Leben ist. ... Wie kostbar die Zeit mit unseren Lieben ist."
Marx und Bedford-Strohm dankten auch den Polizisten und Hilfskräften für ihren Einsatz. Viele spontane Helfern hätten nach dem Münchner Amoklauf flüchtenden Menschen die Türen geöffnet und gezeigt, dass die Menschen der Gewalt nicht hilflos ausgeliefert seien. Abordnungen von Polizei und Feuerwehr nahmen in ihren Uniformen an dem Gottesdienst teil.
Auch orthodoxe, jüdische und muslimische Vertreter sprachen Gebete
Neun weiße Kerzen in einem grünen Gräser-Kranz - eine für jeden der Ermordeten - wurden im Gottesdienst von Jugendlichen entzündet. Später schmückten sie den Kranz mit Rosen. Ein orthodoxer Geistlicher, ein Vertreter der jüdischen Gemeinde und eine Muslima sprachen Gebete. An den Gottesdienst schloss sich ein Trauerakt in dem Bayerischen Landtag an.
Ein Jugendlicher hatte am Freitag vor einer Woche bei einem Amoklauf in München neun Menschen und sich selbst getötet. Weitere Anschläge hatte innerhalb einer Woche das Land erschüttert: Ein afghanischer Flüchtling hatte in einem Regionalzug bei Würzburg mehrere Menschen mit einer Axt zum Teil schwer verletzt. Die Polizei erschoss den jungen Mann, dessen Tat laut Ermittlern wohl islamistisch motiviert war. Am vergangenen Sonntag sprengte sich ein syrischer Flüchtling vor einem Konzertgelände in Ansbach in Luft. Auch diese Tat soll einen islamistischen Hintergrund haben.