"Ich rufe alle Beteiligten dazu auf, die demokratischen Institutionen der Türkei zu respektieren." In zahlreichen deutschen Städten gingen in der Nacht Unterstützer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf die Straße. Die Kundgebungen blieben nach Polizeiangaben friedlich.
Am späten Freitagabend hatten in der Türkei Teile der Armee einen Putschversuch gestartet, den die Regierung in Ankara am Samstagvormittag für gescheitert erklärte. Nach Medienberichten wurden mehr als 260 Menschen getötet und über 1.000 verletzt. 2.800 Armeeangehörige wurden festgenommen.
Steinmeier unterstrich, es gelte, weiteres Blutvergießen zu verhindern. Er bezeichnete es als "ermutigend, dass sich die im türkischen Parlament vertretenen Parteien zu den demokratischen Prinzipien bekannt haben". Nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt kam der Krisenstab der Bundesregierung am Vormittag zusammen, um über die Lage in der Türkei zu beraten. Bereits in der Nacht hatte Regierungssprecher Steffen Seibert getwittert, dass die Koalition die gewählte Regierung in Ankara unterstütze.
Auch Grüne und Linke äußerten sich besorgt über die Vorgänge. "Die Türkei braucht Demokratie, Menschenrechte und Freiheit", erklärte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt: "Ein Militärputsch ist die falsche Antwort." Der Linken-Politiker Stefan Liebig twitterte: "Nichts wird demokratischer, liberaler o. sozialer, wenn das Militär die Macht übernimmt." Erdogan müsse demokratisch abgelöst werden, forderte der Bundestagsabgeordnete.
Vor der türkischen Botschaft in Berlin protestierten in der Nacht zum Samstag rund 3.000 Menschen gegen den Umsturzversuch. Wie die Polizei mitteilte, verlief die Versammlung, bei der türkische Fahnen geschwenkt wurden, friedlich. Auch in vielen weiteren Städten gab es Kundgebungen. Vor dem türkischen Generalkonsulat in Essen versammelten sich 5.000 Menschen, weitere Tausende kamen unter anderem in Stuttgart, Hamburg, Bremen, Duisburg und Köln zusammen.
Türkische Gemeinde in Deutschland: mit Härte vorgehen
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, stellte sich klar hinter die Regierung von Präsident Erdogan. "Gott sei Dank hat die Demokratie gesiegt", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Online-Ausgabe). Die Staatsführung werde nun mit aller Härte reagieren. "Und ich bin zwar auch der Meinung, dass man mit Härte vorgehen sollte. Aber dabei muss man auf jeden Fall unterscheiden zwischen der Zivilbevölkerung und den Putschisten."
Das Auswärtige Amt mahnte deutsche Reisende in Istanbul und Ankara zu besonderer Vorsicht. Dies gelte insbesondere auf öffentlichen Plätzen und für Menschenansammlungen. "Bei unklarer Lage wird geraten, Wohnungen und Hotels im Zweifel nicht zu verlassen und die Medienberichterstattung aufmerksam zu verfolgen."