Zwar steige der Etat des Entwicklungsministeriums um 580 Millionen Euro. Im Vergleich zum Verteidigungshaushalt mit einem Anstieg um 1,7 Milliarden Euro und angesichts deutlich höherer internationaler Herausforderungen sei dies jedoch zuwenig, erklärte die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks, Cornelia Füllkrug-Weitzel, am Mittwoch in Berlin zum Entwurf des Bundeshaushalts 2017. Sie sprach von einem "falschen Signal". Auch zeichne sich eine Tendenz ab, Entwicklungszusammenarbeit immer mehr zur Abwehr von Flüchtlingen zu instrumentalisieren, statt in den ärmsten Ländern eine "menschenrechtsbasierte nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen, die Menschen in ihrer Heimat Lebensperspektiven eröffnet".
Besonders die EU-Kommission scheine ein Tabu brechen zu wollen und aus den "eh nicht ausreichend gefüllten Töpfen der Entwicklungszusammenarbeit Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe für Armeen afrikanischer Staaten finanzieren zu wollen", fügte die Pfarrerin Füllkrug-Weitzel hinzu: "Dem sollte sich die Bundesregierung mit Nachdruck widersetzen, denn diese Mittel sind dazu gedacht, Krisenprävention zu betreiben und für zivile Sicherheit zu sorgen, damit es nicht soweit kommt wie im Irak, in Syrien, Mali, Libyen und anderen Ländern." Zudem gehe der Löwenanteil der deutschen Entwicklungsgelder nach wie vor in Entwicklungsländer, "die auf dem Sprung in die globale Mittelklasse sind. Darunter sind nicht zuletzt auch Transitländer für Flüchtlinge", kritisierte Füllkrug-Weitzel.
Die Bundesregierung sollte auch nicht über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit Entwicklungsgeldern "despotische und repressive Regime wie Eritrea und den Sudan, vor denen Menschen mit gutem Grund fliehen wollen, noch unterstützen, damit sie Flüchtlinge zurückhalten oder wieder zurücknehmen", mahnte Füllkrug-Weitzel. Die deutsche Regierung erwecke mit den Haushaltsplanungen für 2017 und für die kommenden Jahre den Eindruck, nicht nachhaltig, nämlich an den Ursachen verfehlter globaler Entwicklung und dem eigenen Beitrag daran arbeiten zu wollen, "sondern sich kurzfristig mit Stacheldraht, Militär, der Stützung autoritärer Regime Probleme vom Hals halten zu wollen."
Deutschland hat im vergangenen Jahr 0,52 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Zwecke ausgegeben, die von der OECD als Entwicklungshilfe - in der Fachsprache Official Development Assistance (ODA) - gewertet werden. Weltweit angestrebt wird seit Jahrzehnten eine ODA-Quote von 0,7 Prozent. Die Unterbringung und Versorgung Asylsuchender im eigenen Land kann als Entwicklungshilfe angegeben werden. Dazu erklärte Füllkrug-Weitzel: Um ohne Anrechnung der Flüchtlings-Kosten bis 2020 eine sogenannte ODA-Quote von 0,7 Prozent zu erreichen, müsste die Bundesregierung in diesem Jahr 1,5 Milliarden Euro zusätzlich für Entwicklung bewilligen und ihre ODA-Ausgaben bis 2020 Jahr für Jahr um weitere 1,5 Milliarden Euro steigern.
Die vorgelegte mittelfristige Finanzplanung der Regierung sehe aber keine weitere Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe in den kommenden Jahren mehr vor, beklagte die "Brot für die Welt"-Präsidentin. Zur Unterstützung der Opfer des Klimawandels im Süden, die auf dem UN-Klimagipfel in Paris 2015 verabredet wurde, und zur Erreichung der im vergangenen Jahr in New York verabschiedeten Nachhaltigkeits-Ziele seien künftig größere finanzielle Anstrengungen nötig.