Am Tag des Anschlages auf den Istanbuler Flughafen waren die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe Cornelia Füllkrug-Weitzel und der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge von einer Reise in die Türkei zurückgekehrt. Mit Blick auf die Geschehnisse sagte die Präsidentin gegenüber evangelisch.de: "Unsere Arbeit mit der Diakonie Katastrophenhilfe und unserer türkischen Partnerorganisation wird mit unverminderter Kraft weitergehen. Humanitäre Hilfe erfolgt weltweit in Konflikt- und Krisensituationen. Grausame terroristische Anschläge wie jetzt in Istanbul machen uns allen die lebensbedrohliche Gefahr bewusst, in der viele Betroffene und auch Helfer leben und arbeiten."
Gemeinsam mit Bischof Markus Dröge war sie am Dienstagmorgen über den Atatürk-Flughafen zurück nach Berlin gereist: "Wir fühlen mit den Familien der Opfer der Anschläge in Istanbul, ja, mit der gesamten türkischen Bevölkerung."
Bischof Markus Dröge hatte zuvor bei einem Besuch im südosttürkischen Sanliurfa betont, dass die Türkei rund drei Millionen Vertriebene seit 2011 und damit die dreifache Zahl von Flüchtlingen aufgenommen hat wie Deutschland - bei etwa gleicher Bevölkerungszahl. "Und es ist erstaunlich, dass die Bevölkerung bisher im Großen und Ganzen wenig Neid und wenig Ängste gezeigt hat", sagte Füllkrug-Weitzel. "Tragisch wäre, wenn die Anschläge zum Anlass massiver Gewaltauseinandersetzungen würden. Das wäre auch für die 3,1 Mio Flüchtlinge in der Türkei eine große Katastrophe - mit Folgen für die EU, denn da wo sie nach übereinstimmender Aussage unserer Partner hinwollen, können sie dann noch weniger hin: nach Hause nach Syrien."
Nicht länger Gäste
Dennoch sprach sie sich wie auch Landesbischof Markus Dröge dafür aus, dass die Türkei angesichts des anhaltenden Bürgerkriegs in Syrien die Flüchtlinge nun integrieren und diese nicht länger als Gäste betrachten sollte. "Da gibt es Parallelen zur Situation in Deutschland", sagte die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe. Die türkische Regierung habe eingesehen, dass der Zugang zum türkischen Bildungssystem und zum Arbeitsmarkt dafür ein Schlüssel sei. "Weitere Schritte wären nötig, damit die Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr ausgebeutet werden. Das gilt im Übrigen für jede gastgebende Gesellschaft", sagte sie.
"Angesichts der unglaublich großen Zahl von Flüchtlingen, die in einigen Kommunen die Hälfte der Bevölkerung stellen, ist es hoch anerkennenswert, wie gastfreundlich die türkische Gesellschaft und der türkische Staat sind", sagte Füllkrug-Weitzel am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Füllkrug-Weitzel und Dröge ließen sich am Montag im türkisch-syrischen Grenzgebiet Hilfsprogramme von Partnerorganisationen der Diakonie Katastrophenhilfe zeigen. In der Provinz Sanliurfa mit 1,8 Millionen Einwohnern leben rund 400.000 syrische Flüchtlinge. Nur 15 Prozent der Flüchtlinge in der Türkei sind in 25 großen Lagern entlang der Südgrenze untergebracht und haben damit etwa Zugang zur Gesundheitsversorgung. Die anderen Flüchtlinge erhalten fast keine staatliche Unterstützung.
Durchgangsland für syrische Christen
"Die Hilfe für sie ist sporadisch, unkoordiniert und unsystematisch", sagte Füllkrug-Weitzel. Dort springen Nichtregierungsorganisationen wie der Diakonie-Katastrophenhilfe-Partner "Support to Life" ein, etwa mit einem System des Geldtransfers, dass allein in Sanliurfa 1.000 Familien und landesweit bis zu 10.000 Familien erreicht. "Geldtransfer ermöglicht Autonomie und Würde. Die Flüchtlinge wissen selbst, was sie am dringendsten brauchen. Das stärkt auch die lokalen Märkte und Händler", betonte Füllkrug-Weitzel. Ein Begegnungszentrum in Sanliurfa bietet psychosoziale Beratung und Hilfe bei der Trauerbewältigung der oft traumatisierten Menschen.
Bischof Dröge sagte zur Lage der christlichen Flüchtlinge: "Sowohl in den Lagern als auch in den Integrationsprogrammen kommen sie fast gar nicht vor. Durch ein weitgespanntes Netzwerk syrischer Christen weltweit ist die Türkei für sie eher ein Durchgangsland."