300 Eichen für Martin Luther

 Luthereiche in Polle
Foto: epd-bild/Charlotte Morgenthal
Der evangelische Superintendent Ulrich Wöhler (links) und Förster Andreas Kretschmer stehen vor der Luthereiche in Polle. Der Förster hatte die Eicheln für die nun 300 herangewachsenen Bäume 2007 gesammelt.
300 Eichen für Martin Luther
Die Tradition, nach dem Reformator Martin Luther benannte Eichen zu pflanzen, reicht 500 Jahre zurück. Bundesweit gibt es etwa 100 Luthereichen. Ein evangelischer Kirchenkreis will nun 300 neue Ableger der Bäume in Niedersachsen verteilen.
28.06.2016
epd
Charlotte Morgenthal

Das Ausmaß seiner Idee ist Förster Andreas Kretschmer erst neun Jahre später klargeworden. Im Herbst 2007 - zehn Jahre vor dem 500. Reformationsjubiläum - hatte der Kirchenvorsteher des kleinen Dorfes Polle im niedersächsischen Weserbergland rund 500 Eicheln am Fuß einer alten Eiche an der Kirche gesammelt. Den schweren Eimer schickte er an eine Baumschule in Schleswig-Holstein. Kretschmer hatte gehofft, dass aus den Eicheln bis zu den deutschlandweiten Jubiläumsfeiern im Jahr 2017 Ableger der historischen Luthereiche entstehen würden. "Wir Förster denken sehr langfristig, das ist unser Geschäft", sagt der 57-Jährige.

Statt der erwarteten 100 sind aus den Samen mittlerweile 300 Luthereichen gewachsen. "Es ist ein Wald geworden", sagt Kretschmer stolz, während er auf ein Foto aus der Baumschule deutet. Die bis zu drei Meter hohen Bäume stehen dort derzeit noch in Containern. Der evangelische Kirchenkreis Holzminden-Bodenwerder will die jungen Luthereichen nun im gesamten Gebiet der hannoverschen Landeskirche von Ostfriesland bis nach Göttingen vertreiben. Für einen Preis von 111,11 Euro werden sie mit einer Aufstellhilfe aus Holz verkauft und kostenlos ausgeliefert.

Zurzeit gibt es bundesweit rund 100 Luthereichen

Die Tradition, an Jahrestagen der Reformation nach Martin Luther (1483-1546) benannte Eichen zu pflanzen, reicht bis zur Legende der Wittenberger Luthereiche zurück. Mit den Worten "Weil du den Heiligen des Herrn gelästert hast, so verzehre dich das ewige Feuer" hatte der Reformator öffentlich eine päpstliche Bannandrohungsbulle verbrannt. Damit hatte er auch äußerlich den Bruch mit der römischen Kirche vollzogen. An diesem historischen Ort sei damals eine Eiche gepflanzt worden, hieß es. Das Original wurde allerdings von den Franzosen während der Freiheitskriege zu Beginn des 19. Jahrhunderts gefällt. Schon 1830 pflanzten die Wittenberger ein neues Bäumchen.

Zurzeit gibt es bundesweit rund 100 Luthereichen, 20 davon stehen in Niedersachsen. Die meisten wurden 1883 zum 400. Geburtstag des Reformators eingesät. Weitere wurden, wie der Baum in Polle, 1917 zum 400. Jahrestag der Reformation in die Erde gesetzt.

Innerhalb von fast 100 Jahren ist die Luthereiche in Polle auf etwa 25 Meter gewachsen und damit fast so hoch wie der Kirchturm.Der Baum prägt auch das Dorfleben in dem 1.000 Einwohner-Ort. Jedes Jahr finden laut Kretschmer zahlreiche Gottesdienste und Veranstaltungen unter den ausladenden Zweigen mit den dichten Blättern statt.

Die Luthereiche in dem kleinen Dorf Polle im Weserbergland ist fast so groß wie der Kirchturm.

Eine Schwarz-Weiß-Fotografie von 1953 zeigt, dass schon damals Konfirmationsjubiläen unter dem Baum gefeiert wurden. "Dadurch entsteht auch eine emotionale Bindung zu dem Baum", sagt Kretschmer.

Der Holzmindener Superintendent Ulrich Wöhler betont, dass durch die neu gepflanzten Bäume in Niedersachsen Orte entstehen, die dauerhaft an das 500. Reformationsjubiläum erinnern werden. "Gleichzeitig wird so auch symbolisch deutlich, dass innerhalb der Reformationsdekade Neues gewachsen ist und Wurzeln geschlagen hat", sagt Wöhler. Von den jungen Luthereichen seien mittlerweile 100 verkauft. Die erste soll am 30. Oktober - dem Vorabend des Jubiläumsjahres, das mit dem Reformationstag am 31. beginnt - vom hannoverschen Landesbischof Ralf Meister im Kloster Amelungsborn gepflanzt werden.

Eichen eignen sich besonders gut als Jubiläumsbäume

Eichen seien für ihre tiefen Wurzeln und ihre Langlebigkeit bekannt und eigneten sich dadurch als sogenannte Jubiläumsbäume besonders gut, erklärt Kretschmer. Einziges Kriterium sei, dass jeder Baum etwa 30 Meter Platz zur Entfaltung brauche. Die Eiche in Polle sei seit ein paar Jahren als Naturdenkmal auch langfristig geschützt, sagt Kretschmer. Wenn die Blätter bei Konzerten oder Gottesdiensten im Sommer Schatten spendeten, sei das ein "einziger Segen".

Die Jubiläums-Eichen können bis zum 31. Juli bei der Superintendentur Holzminden, E-Mail: sup.holzminden(at)evlka.de, Tel.: 05531/3397 bestellt werden.

Die Luthereiche: ein Baum für den Reformator.