In weiten Teilen der Truppe gelte Kriegsdienstverweigerung als vorgeschobener Grund, die Truppe zu verlassen, sagte der Theologe am Freitag in Bonn. Er appellierte an die evangelischen Seelsorger in der Bundeswehr, mit ihren Kontakten zu den Führungsoffizieren um Verständnis für die Situation von Soldaten in Gewissensnot zu werben und dieses einzufordern.
Brahms sprach bei der Tagung zum 60-jährigen Bestehen der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK). Seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Juli 2011 haben die EAK-Berater es nach seinen Angaben vor allem mit Zeit- und Berufssoldaten oder Reservisten zu tun, die den Dienst mit der Waffe nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren können. Eine neue Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft sei zudem die Prozessbeobachtung, da viele abgelehnte Kriegsdienstverweigerer vor den Verwaltungsgerichten landeten, berichtete der leitende Theologe der Bremischen Landeskirche.
Kritisch äußerte sich Brahms zu einer Veranstaltung der Bundeswehr an diesem Wochenende in Bonn. Auf dem Programm stehen unter anderem Feuerlöschübungen, Musik der Big Band, ein Feldpostamt und die Vorstellung von Wissenschaft und Forschung bei der Bundeswehr. "Eine solch harmlose und beschönigende Darstellung des Berufs als Soldatin oder Soldat darf nicht die Akzeptanz der Evangelischen Friedensarbeit finden", forderte der Friedensbeauftragte. Soldatinnen und Soldaten seien potenzielle Kriegsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Nur auf dieser Grundlage könne eine Gewissensentscheidung für den Beruf erwogen werden.
Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) wurde 1956 nach der Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht gegründet, um Kriegsdienstverweigerern Beratung anzubieten. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung war bereits 1949 im Grundgesetz festgeschrieben worden. Die EAK beschäftigt sich zudem mit Friedensethik, Friedenstheologie und -pädagogik.