Theologe Kaufmann kritisiert Art des Reformationsjubiläums

Reformationsjubiläum
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Die Inhalte des Reformationsjubiläums in "nicht langweiliger Perspektive" rüberbringen: Laut Theologe Kaufmann ist dies gescheitert.
Theologe Kaufmann kritisiert Art des Reformationsjubiläums
Die Vermittlung eines wissenschaftlichen Reformationsbilds an die Öffentlichkeit sei gescheitert, sagte der Göttinger Theologieprofessor Thomas Kaufmann am Mittwoch beim Generalkonvent des Sprengels Hildesheim-Göttingen in Northeim vor rund 320 Pfarrerinnen und Pfarrern.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sei weder willens noch imstande, eine differenzierte und "nicht langweilige Perspektive" auf die Reformation zu werfen, sagte Kaufmann laut Redemanuskript. Von vornherein hätten die Initiatoren zwischen drei Aspekten unterscheiden müssen, betonte Kaufmann: Die Reformation zu erforschen, ihrer zu gedenken und sie schließlich zu feiern.

In einem öffentlichen Gedenken hätte etwa die Idee des allgemeinen Priestertums der Gläubigen und die erstmalige Beteiligung von Laien in der Kirche Interesse für die Reformation wecken können, betonte Kaufmann. Diese Bewegung habe viele andere Reforminitiativen für Laien begründet. "In Gestalt bestimmter Wahlrechte in Kirchenversammlungen, durch Mitbeteiligung an der Verteilung der Gelder nahmen Laien schon im konfessionellen Zeitalter aktiver an Aufgaben der kirchlichen Verwaltung teil, als dies in der Regel vor der Reformation möglich gewesen war."



Die Bibelübersetzung Martin Luthers habe zudem eine gewaltige Zahl an nationalsprachlichen europäischen Bibelübersetzungen angeregt, die als Folge der Reformation erschienen seien. Die kulturelle Vielfalt Europas wurzele in Entwicklungen, die mit der Reformation zusammenhingen. Die Reformation habe die Spaltung Europas nicht verursacht, wie zuletzt katholische Historiker und Theologen behaupteten, sondern diese Entwicklung eher beschleunigt, betonte Kaufmann. "Die Einheit des sogenannten christlichen Abendlandes war schon um 1500 ein ideologisches Konstrukt."

Die evangelische Kirche erinnert im kommenden Jahr an die Veröffentlichung der 95 Thesen durch Martin Luther (1483-1546). Sein Thesenanschlag am 31. Oktober 1517 in Wittenberg gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation.