Seehofer hatte laut "Süddeutscher Zeitung" am Dienstag in der bayerischen Kabinettssitzung gesagt, die Abmachung, dass die Bundespolizei weiter an der deutsch-österreichischen Grenze kontrollieren werde und ihr Personal mittelfristig mit 850 Dienstposten verstärken werde, sei ein "Dokument der Wende" in der Asylpolitik. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatten in der Nacht zum Dienstag den Konflikt um die Grenzkontrollen gelöst. Dafür will Bayern zunächst auf die angedrohte Verfassungsklage gegen die Asylpolitik der Bundesregierung verzichten.
Die Äußerung von Seehofer sei "ein Schlag ins Gesicht für die vielen Ehrenamtlichen, die sich jeden Tag und die Integration von Flüchtlingen kümmern", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). Barley verwies darauf, dass mit der Willkommenskultur viele Helfer in Deutschland dazu beigetragen hätten, "diesem Land ein menschliches Gesicht zu geben". Zum Glück sei die Bereitschaft zu helfen weiter vorhanden.
Schadet Glaubwürdigkeit
Der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern teilte mit, Fremde aufzunehmen und Menschen in Not beizustehen sei Kern des christlichen Glaubens. Das hohe Engagement von Tausenden Ehrenamtlichen für die Flüchtlinge in Bayern sei ein "großartiges Zeichen praktizierter Nächstenliebe und Ausdruck einer gesellschaftlichen Kultur, auf die wir stolz sein können", so die Mitglieder des Landeskirchenrates. Bedford-Strohm sagte, bislang sei es verbindlicher Konsens von Politik und Kirchen gewesen, diese Willkommenskultur wertzuschätzen und zu fördern. Falls sich Seehofer von diesem Konsens verabschieden wolle, löse das "Unverständnis und Verärgerung aus".
Es sei ein Widerspruch, "auf der einen Seite bei Empfängen das Engagement der Ehrenamtlichen für Flüchtlinge zu loben, und auf der anderen Seite das Ende der Willkommenskultur zu proklamieren", teilte das Gremium weiter mit. Dieser schade der Glaubwürdigkeit der Staatsregierung ebenso wie dem "gesamtgesellschaftlichen Eintreten gegen Rechtsextremisten, die sich bestätigt fühlen könnten". Bedford-Strohm stellte klar, dass nicht alle Geflohenen in Deutschland bleiben könnten. Die Entscheidung darüber falle aber in rechtlichen Verfahren. Er erwarte, dass Seehofer seine Äußerungen - sollten sie zutreffend berichtet worden sein - rasch klarstelle.