Wer Komplexität ertragen könne und sich gerne mit Fragen ohne eindeutige Antworten beschäftige, sei tendenziell offener gegenüber fremden Kulturen und Religionen, teilte die Universität Bielefeld am Freitag mit. Für eine Studie über Einstellungen gegenüber Fremden in den drei großen Weltregionen befragten Forscher um den Religionspädagogen Heinz Streib mehr als 600 Menschen.
Die Umfrage, die im August 2015 zu Beginn der großen Flüchtlingswelle über die Balkanroute stattfand, zeige, dass Deutschland in der Frage der Aufnahme von Flüchtlingen gespalten sei, erklärten die Wissenschaftler. So waren 60,2 Prozent der Befragten eher oder voll und ganz der Ansicht, dass sich Europa vor einer Islamisierung schützen müsse. 60,7 Prozent fanden, dass es in Deutschland zu viele Zuwanderer gebe. Dagegen sprachen sich 83,4 Prozent eher oder voll und ganz für eine Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus. Knapp die Hälfte der Befragten erklärte, die zunehmende religiöse Vielfalt in Deutschland stelle eine kulturelle Bereicherung dar. Insgesamt könne die Hälfte der Befragten als offen und etwas über ein Drittel eher als ablehnend gegenüber Fremden beschrieben werden, hieß es.
Dabei zeige sich kein wesentlicher Zusammenhang zwischen der Einstellung und der Religiosität der Befragten in Form von Gottesdienstbesuchen oder Gebet, erklärten die Studienautoren. Stattdessen gehe es darum, wie stark die eigene Religion als dialogbereit und weltoffen verstanden werde und wie gut die Menschen komplexe Fragestellungen ertragen könnten.
Bei Menschen, die eher ausländerfeindliche Einstellungen vertreten, sind den Angaben zufolge zudem Männlichkeitsnormen verbreitet, die Gewalt rechtfertigen. So stimmten viele Aussagen zu wie: "Ein richtiger Mann ist bereit, sich mit körperlicher Gewalt gegen jemanden durchzusetzen, der schlecht über die Familie redet." Streib sagte: "Ironischerweise ist also Fremdenfeindlichkeit – die sich ja vor allem gegen Muslime richtet - genau aus den Motiven gespeist, die an der fremden Kultur stark abgelehnt werden." Xenophobe Männer "bekämpfen ihren eigenen Schatten".