Karlsruhe (epd)Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hält das Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD für wenig aussichtsreich. Die Äußerungen der NPD seien zwar "widerlich", aber durch die Meinungsfreiheit geschützt, sagte Baum am Dienstag dem Radiosender Bayern 2. Etwas anderes sei es, wenn die NPD beginne "die Stabilität der Demokratie zu gefährden", was wohl nicht der Fall sei. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt ab dem Vormittag über ein NPD-Verbot.
Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte am Morgen im Deutschlandfunk, wenn die Partei nicht verboten würde, wäre das ein Triumph für den Rechtsextremismus. Damit würde der Eindruck erweckt, dessen Gewaltbereitschaft wäre legal.
Pau warnt vor falschen Erwartungen
Die mündliche Verhandlung in Karlsruhe ist auf drei Tage angesetzt. Es ist bereits der zweite Anlauf der Politik, die rechtsextreme Partei zu verbieten. 2003 war das erste NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe wegen V-Leuten des Verfassungsschutzes in der Partei gescheitert. Die Bundesländer hatten den neuen Verbotsantrag über den Bundesrat im Dezember 2013 eingereicht. Bundesregierung und Bundestag hatten sich nicht angeschlossen.
Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), äußerte sich im Radiosender SWR2 zuversichtlich, dass das Verfahren nicht erneut an V-Leuten scheitert. "Wir haben vom Bundesverfassungsgericht ganz klar ins Stammbuch geschrieben bekommen, worauf wir achten müssen", sagte er.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) warnte vor dem Beginn des Verfahrens vor falschen Erwartungen: "Selbst wenn es gelingt, diese Partei zu verbieten, sind wir das gesellschaftliche Problem nicht los", sagte sie am Montagabend im Fernsehsender Phoenix. Exminister Baum plädierte vor allem für eine Auseinandersetzung mit neuen Formen des Rechtsradikalismus: "Rechtsextremismus, der bis in das Bürgertum hineingeht. Also nicht die Verfassungsfeindlichkeit, sondern auch die Verfassungsgleichgültigkeit."
"Wichtiger Baustein im Kampf gegen Rechtsextremismus"
Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, sagte der "Berliner Zeitung" (Dienstagsausgabe), ein Verbot der NPD sei wichtiger denn je: "Denn die NPD ist rassistisch, menschenverachtend und verfassungsfeindlich." Ihr Verbot sei ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Rechtsextremismus.
In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bisher nur zweimal ein Parteiverbot: 1952 gegen die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 gegen die als stalinistisch eingeordnete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Grundlage für ein Parteiverbot ist Artikel 21 (2) des Grundgesetzes.