Berlin (epd)
Aus Sicht des Direktors des Hans-Bredow-Instituts in Hamburg, Wolfgang Schulz, setzt Facebook grundsätzlich die rechtlichen Vorgaben um, Hasskommentare zu entfernen. "Ich kann nicht erkennen, dass Facebook, wie oft behauptet, einer rechtlichen Verantwortung systematisch ausweicht", sagt Schulz.
Kriterien intransparent
Dem widerspricht Petra Grimm, Leiterin des Instituts für Digitale Ethik an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Aus ihrer Sicht unternimmt Facebook - trotz neu eingerichteter Taskforce - noch zu wenig gegen Hasskommentare: "Es ist nicht ersichtlich, wie qualifiziert das Vorgehen gegen Hetze auf der sozialen Plattform eigentlich ist", sagt Grimm. Dazu wäre wichtig, die Kriterien zu kennen, nach denen die Mitarbeiter von Facebook Hasskommentare löschen, führt die Medienethikerin aus. "Es wäre von Vorteil, wenn Facebook diese im Sinne der freiwilligen Selbstkontrolle transparent macht."
Schulz plädiert für eine Differenzierung in der Debatte: Rechtlich gesehen bestehe für Facebook keine Verpflichtung, Inhalte, die andere stören, zu löschen. Grundsätzlich dürfe jeder sagen, was er für richtig halte. Eine Grenze werde erst dann verletzt, wenn die Rechte anderer betroffen seien. Doch "darüber müssen Gerichte entscheiden." Facebook habe keine Pflicht, alle Postings von sich aus zu prüfen und zu löschen, argumentiert der Jurist.
Stattdessen fordert der Medienrechtler, juristisch verbindliche Kriterien zu entwickeln, nach denen Provider wie Facebook Kommentare oder Postings löschen sollen. Aber: "Das kann nicht Aufgabe von Facebook sein." Die Frage, welche Meinungsäußerungen nicht mehr akzeptabel seien, sei eine gesellschaftliche, sagt Schulz.
Noch keine Eskalation
Grimm hingegen, die zu Privatheit in sozialen Medien forscht, sieht eine Alternative in einem europäischen sozialen Netzwerk, das nach dem Prinzip der öffentlich-rechtlichen Medien funktioniert. Soziale Netzwerke seien stark meinungsbildend, führt Grimm aus. "Gerade deshalb ist es umso wichtiger, eine Plattform zu haben, auf der Meinungsvielfalt gelebt werden kann." Das öffentlich-rechtliche System sei dazu ein Vorbild: Frei von direkter politischer oder staatlicher Einflussnahme, stelle es eine Grundversorgung der Information sicher und orientiere sich an Grundwerten der deutschen Verfassung.
Schulz plädiert dagegen für Gelassenheit in der Diskussion über Hasskommentare. Was früher an Stammtischen debattiert wurde, sei heute über soziale Netzwerke für alle sichtbar. Daraus folge aber noch keine Eskalation. "Es ist durchaus denkbar, dass die Hetze auf Facebook mittelfristig genauso unbeachtet bleibt wie das Stammtisch-Gerede", sagt Schulz.