Berlin (epd)Weitere Verdachtsfälle müssten noch geklärt werden, sagte die Leiterin der "Taskforce Schwabinger Kunstfund", Ingeborg Berggreen-Merkel, am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung des Abschlussberichts zu den rund zweijährigen Untersuchungen. Als NS-Raubkunst wurden demnach Werke von Liebermann, Matisse, Spitzweg, Menzel und Pissarro ermittelt.
Fortsetzung der Forschung
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) kündigte eine Fortsetzung der Forschung an. Ziel sei, die Herkunft aller Bilder aus der Gurlitt-Sammlung aufzuklären. Für das zunächst auf ein Jahr befristete Folgeprojekt werde gut eine Million Euro aus ihrem Haushalt bereitgestellt, sagte Grütters. Deutschland habe die Verpflichtung gegenüber den NS-Opfern, die Herkunft der Werke und den nationalsozialistischen Kunstraub rückhaltlos aufzuklären.
Für die Arbeit der Ende 2013 eingesetzten Taskforce hatten das Bundesland Bayern und der Bund zunächst rund 1,9 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das neue Forschungsprojekt wird von der Kunsthistorikerin Andrea Baresel-Brand geleitet. Bei mehr als 600 Kunstwerken müsse die Herkunft noch aufgeklärt werden, betonte die Expertin.
Insgesamt wurden 499 der rund 1.260 Werke, die 2012 bei steuerstrafrechtlichen Ermittlungen in der Wohnung von Cornelius Gurlitt im Münchner Stadtteil Schwabing gefunden wurden, bei der Lost-Art-Datenbank als Verdachtsfälle für NS-Raubkunst gemeldet. Davon seien elf Fälle abschließend aufgeklärt, hieß es. Die Grundrecherchen seien zu allen Fällen abgeschlossen, die Quellenlage sei jedoch oft nicht einfach, betonte Berggreen-Merkel. Seit Donnerstag sind Informationen dazu auch im Internet veröffentlicht.
Bei 117 der in der Datenbank gemeldeten Kunstwerke gebe es Hinweise auf einen NS-verfolgungsbedingten Entzug, darunter bei 25 Werken sehr konkrete Anhaltspunkte, hieß es. Bei rund 500 der in Schwabing gefundenen Kunstwerke könne ein NS-verfolgungsbedingter Entzug ausgeschlossen werden, da sie zum Teil erst nach 1945 entstanden oder von Familienmitgliedern geschaffen worden seien.
Als Fälschung identifiziert
Auf 104 der Werke aus den Gurlitt-Beständen seien insgesamt 118 Ansprüche angemeldet worden, hieß es weiter. Einige Anfragen hätten zum Teil konkurrierende Ansprüche auf eine Vielzahl von Werken enthalten. 53 Prozent der Ansprüche seien inzwischen geklärt, in vier Fällen der Münchner Kunstwerke sei ein NS-verfolgungsbedingter Entzug bestätigt worden. Bei dem fünften bestätigten Fall handelt es sich um ein in Salzburg gefundenes Kunstwerk, auf das zunächst niemand Anspruch erhoben hat.
Ein Kunstwerk, auf das mehrere konkurrierende Ansprüche angemeldet worden seien, sei zudem durch die Recherchen als Fälschung identifiziert worden, sagte Berggreen-Merkel: "Dieser Chagall ist kein Chagall, dieser Chagall ist eine Fälschung."
Cornelius Gurlitt (1932-2014) war Erbe der Kunstsammlung seines Vaters Hildebrand Gurlitt, der unter dem NS-Regime mit dem Verkauf beschlagnahmter sogenannter "entarteter Kunst" beauftragt und am NS-Kunstraub für das damals in Linz geplante Hitlermuseum beteiligt war. 2010 geriet Cornelius Gurlitt bei einer Zugfahrt ins Visier der Steuerfahnder, 2012 wurde seine Wohnung in München durchsucht.
Ende 2013 wurde der Fall öffentlich bekannt, am 11. November 2013 wurde die Taskforce zur Klärung der Herkunft der sichergestellten Kunstwerke eingesetzt. Weitere rund 240 Kunstwerke wurden im Februar 2014 in einem Haus Gurlitts in Salzburg gefunden. Der Taskforce gehörten Experten aus Frankreich, Israel, Österreich, Polen, Ungarn, den USA und Deutschland an.