Er hüpft, wirbelt mit den Fingern über die Knöpfe seines Mischpults. Schweiß rinnt ihm übers Gesicht. Die Bässe wummern, das Publikum tobt. "Und jetzt alle", brüllt "DJ Olde" ins Mikrofon, der im bürgerlichen Leben Jannis Schreiner heißt. Firmenparty spätnachts in einem Club in Heidelberg, einige hundert junge Leute tanzen ab. Gebucht ist der 35-jährige Pfälzer aus Schifferstadt bei Speyer - einer der wohl bekanntesten Mixed-Musik-DJs der Republik. Als überzeugter Christ macht er sich bei seinen Fans stark für Respekt und Nächstenliebe.
Tagsüber sorgt Schreiner als Mitarbeiter der IT-Abteilung der Evangelischen Kirche der Pfalz in Speyer dafür, dass die interne Kommunikation funktioniert. Doch nachts und an den Wochenenden wird der aufgedrehte Musiker mit dem rasierten Blondschopf regelmäßig zum "Party Animal". So nennt sich Schreiner selbst: Er hat eine eigene DJ-Mix-Show beim Radiosender bigFM (DJ Aspekt) in Mannheim, spielt auf großen Festivals, in Clubs, auf Stadtfesten, bei Firmenevents - und jettet um die Welt: Rio de Janeiro, New York und Jamaika standen auf seiner Tourliste, auch zu einer Hochzeitsfeier nach Indien flog man ihn ein.
Bis zu 300 Auftritte im Jahr legte der Musiker und Produzent ein, und das seit 20 Jahren. In letzter Zeit sucht er sich in seinem DJ-Leben eher die Rosinen aus, wie er sagt: Er hat geheiratet, ein Kind ist unterwegs. "Ich will den Leuten die beste Party ihres Lebens schenken", sagt Schreiner. Sein Künstlername "Olde" bedeutet mit pfälzischem Zungenschlag "Alter" in der Jugendsprache. Seine Auftritte sind pure Lebenslust: Schreiner blendet am Mischpult von einem elektronischen Dance-Song in den nächsten hinüber, unterlegt sie spontan mit Rhythmen vom Computer. Live-Remix nennt sich die Kunst, nicht nur Titel abzunudeln, sondern diesen auch eine eigene Note zu geben.
Mit dicker Kreuzkette bei Live-Auftritten
"Ich spiele Freestyle und gehe auf die Leute ein." Er ist ein großer Fan des verstorbenen Wiener Sängers Falco: Schreiners Remix des Hits "Out Of The Dark" ist in Internet-Musikcharts ein Renner. Bei seinen Live-Auftritten als "DJ Olde" will Schreiner, der eine dicke Kreuzkette über dem T-Shirt baumeln lässt, nicht für die Kirche missionieren. Doch teilt er seine christliche Einstellung über seine Social-Media-Kanäle. Er erzählt von sich und wie er "in dunklen Stunden" zum Glauben gefunden habe. Mit Finanzspekulationen im Internet habe er in der Corona-Zeit viel Geld verloren: "Ich war am Boden." In seiner Verzweiflung habe er "gebetet, zu Gott gesprochen". Schreiner fing sich wieder und startete neu durch. Unterstützt wird er von einem Team, dem ein Videofilmer, mehrere Produzenten, Manager und eine Buchhalterin angehören.
Nächstenliebe, Respekt und ein friedliches Miteinander seien die Werte, die er als "DJ Olde" besonders jungen Leuten mit auf den Weg geben wolle, sagt Schreiner. "Sei authentisch, mache dein Ding und sei glücklich." Als Jugendlicher sei er unsicher gewesen, habe an sich gezweifelt. In seinem Kinderzimmer nahm er zunächst Mixtapes seiner Lieblingssongs auf, legte in lokalen Clubs Musik auf, spielte Schlagzeug in einer Bigband, trat in einer DJ-Formation auf. Nachdem er mit Szene-Größen, wie dem jamaikanischen Dancehall-Musiker Sean Paul und dem Rapper Fatman Scoop einen Song aufgenommen hatte, ging Schreiners musikalischer Stern auf.
Sein Arbeitgeber, die Pfälzer Kirche, scheint auch auf "DJ Olde" zu stehen: Von Pfarrerinnen und Pfarrern wird er öfter angefragt, einen Gottesdienst mitzugestalten. Für Partystimmung gesorgt hat er unter anderem auf einem regionalen Kirchentag und bei Mitarbeiterfesten. Auch der Deutsche Evangelische Kirchentag ist auf Schreiner aufmerksam geworden: In der Zeit von 30. April bis 4. Mai ist er für ein Gastspiel in Hannover angefragt.
Sein "Brotjob" als Fachinformatiker bei der Kirche ist Schreiner trotz seiner Zweitkarriere wichtig. Wenn er sich als DJ mal wieder hoch hinaus in eine andere Welt katapultiere, fange ihn das "tolle Kollegenteam" wieder auf, erzählt er.
Doch den größten Halt finde er in seiner Ehefrau: "Sie ist meine Erdung", sagt Jannis Schreiner. Als DJ will er weitermachen, eine Asien-Tournee wäre sein Traum. "Party machen heißt, aus sich rauszugehen, loszulassen. Sie ist eine kontrollierte Eskalation." Darauf wollen seine Fans nicht verzichten: "Er hat ein Gefühl dafür, was die Leute hören wollen und passt sich den Reaktionen an", sagt eine Besucherin des Firmenfests in Heidelberg. "DJ Olde ist ein Hammer."