Psychiaterin: Mit Kindern über Ängste vor Terror sprechen

epd-bild/Rolf Zoellner
Berliner bekunden an der französischen Botschaft am Pariser Platz direkt vor dem Brandenburger Tor am Samstag Anteilnahme nach den Terroranschlägen in Paris.
Psychiaterin: Mit Kindern über Ängste vor Terror sprechen
Nach den Terroranschlägen von Paris rät die Psychiaterin Ulrike Schmidt, mit Kindern über Angstgefühle zu sprechen, sofern sie danach verlangen.
16.11.2015
epd
Matthias Klein (epd-Gespräch)

München (epd)"Kinder sollten grundsätzlich wie alle anderen Menschen informiert werden, jedoch muss dies altersgerecht geschehen", sagte die Leiterin der Trauma-Ambulanz des Max-Plack-Instituts für Psychiatrie in München dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Montag. Eltern sollten ihren Kindern möglichst nüchtern die Fakten erklären.

Eigene Unsicherheit beim Umgang mit dem Thema sollte sie nicht davon abhalten, Ängste anzusprechen: "Es ist auf jeden Fall besser, mit dem Kind zu sprechen als die Ängste zu ignorieren." Wenn Kinder fragten, ob man sich selbst fürchte, solle man eigene Sorgen nicht verstecken: "Ich rate zu Ehrlichkeit. Kinder merken, wenn man ihnen nicht die Wahrheit sagt."

Wenn Kinder beispielsweise verstörende Bilder malen, sollten Eltern nicht überreagieren: "Dass Kinder Angst bekommen, wenn sie Bilder vom Terroranschlag gesehen haben, kann vollkommen normal sein. Auch viele Erwachsene bekommen ja Angst angesichts der schrecklichen Anschläge", sagte Schmidt.

Zunächst nach Gefühlen fragen

Sie rate zu Gelassenheit: "In der Regel flauen solche Gefühle nach ein paar Tagen wieder ab." Wolle ein Kind nun aktuell beispielsweise nicht in ein Fußballstadion gehen oder ein Konzert besuchen, solle man das akzeptieren: "Wenn die Ängste allerdings anhalten, kann das vielerlei Ursachen haben und dann sollte man sich therapeutische Hilfe holen."

Mit größeren Kindern ab etwa zwölf Jahren könnten Eltern so ähnlich wie mit Erwachsenen reden, sagte Schmidt. Bei jüngeren Kindern rate sie dazu, zunächst nach den Gefühlen zu fragen. Man könne dann erklären, dass solche Anschläge zwar eine Bedrohung seien, aber nur sehr selten vorkämen. "Natürlich kann durch die unmittelbare Konfrontation mit Bildern und Filmen solch entsetzlicher Ereignisse die für die Entwicklung wichtige kindliche Naivität zerstört werden", erläuterte Schmidt. Eltern sollten daher darauf achten, dass ihre Kinder möglichst nur kindgerechte Medien nutzen.

Sorgen machen sollten sich Eltern, wenn heftige Probleme im Alltag sichtbar würden, beispielsweise schwere Schlafstörungen oder Ängste vor Menschen, erklärte Schmidt. "Es kann sein, dass solche Terroranschläge ohnehin vorhandene Ängste oder Vorerkrankungen verstärken oder dass die Beschwerden auf vom Kind beiläufig geäußerte Ängste vor Terroranschlägen geschoben werden, aber tatsächlich andere Ursachen haben. Dann sollte man sich Hilfe holen."