Berlin (epd)Vor dem geplanten Koalitionstreffen am Wochenende spitzt sich der Streit in der großen Koalition über die Flüchtlingspolitik zu. Angesichts des öffentlich geäußerten Unmuts der CSU über die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltete sich am Freitag auch Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) ein. Er warf den Unionsparteien vor, mit ihrem Streit die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung zu bedrohen. "Diese Form der gegenseitigen Erpressung und Beschimpfung ist unwürdig und schlicht verantwortungslos", sagte Gabriel dem Nachrichtenportal "Spiegel online". Andere Vertreter der Koalition bemühten sich indes, dem Anschein einer tiefen Krise der Koalition entgegenzutreten.
Gabriel bezog sich bei seiner Kritik auf Äußerungen von CSU-Chef Horst Seehofer, der mit "Notmaßnahmen" gedroht hat, sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seiner Forderung nach einer Begrenzung der Flüchtlingszahl nicht nachkommen. Was genau er damit meint, hat der bayerische Ministerpräsident dabei bislang offen gelassen.
Transitzonen in der Diskussion
Am Wochenende kommen die Spitzen der Koalition zusammen, um über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingspolitik zu beraten. Dem Vernehmen nach ist zunächst ein internes Treffen der Union geplant. Bei einer Spitzenrunde aller Koalitionspartner am Sonntag könnte es dann auch um Sachfragen wie die noch immer ausstehende Einigung zu möglichen Transitzonen gehen.
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, er sehe keine Krise der großen Koalition. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz sagte in Berlin, die Regierung sei handlungsfähig.
Altmaier, der auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung ist, äußerte sich zuversichtlich, dass bei dem Treffen am Wochenende eine Einigung zu den Transitzonen gelingt. Sie sollen an den Landgrenzen die Registrierung von Flüchtlingen und schnelle Verfahren gewährleisten.
Altmaier: Grenzschließungen keine Lösung
Die SPD lehnte sie zunächst ab, zeigte sich dann aber offen, solange dort keine Inhaftierungen vorgesehen sind. Altmaier sagte, es werde möglich sein, das Verfahren so auszugestalten, "dass es die Menschen in ihrer Freiheit nicht beschränkt und trotzdem verhindert, dass Menschen über viele, viele Monate in Deutschland sind, bis die Verfahren entschieden sind".
Altmaier betonte aber auch, er glaube nicht, dass der Flüchtlingsandrang durch Grenzschließungen zu kontrollieren sei. Deshalb denke man nicht an Mauer und Stacheldraht. Er bekräftigte damit die Haltung von Kanzlerin Merkel, die in der CSU auf Widerstand stößt. Dort waren Rufe nach einer stärkeren Abriegelung der Grenze zuletzt immer lauter geworden.
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) stärkte Merkel indes den Rücken. Mit Blick auf Kritik auch aus den Reihen der Union rief sie in den Zeitungen der Funke Mediengruppe beide Schwesterparteien auf, die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin zu unterstützen. Die CSU kritisierte sie für deren Angriffe. Es gebe "höflichere Varianten, seinen Unmut zum Ausdruck zu bringen", sagte sie den Zeitungen.