«Alle sind am Limit»

«Alle sind am Limit»
Lagerpfarrer sieht Beschäftigte in Friedland
an der Belastungsgrenze
Das Grenzdurchgangslager Friedland bei Göttingen ist für 700 Flüchtlinge ausgelegt, aktuell müssen dort mehr als doppelt so viele Menschen versorgt werden. Die Situation sei angespannt, sagt der evangelische Lagerpfarrer Martin Steinberg.

Friedland, Kr. Göttingen (epd)Die Beschäftigten im Grenzdurchgangslager Friedland bei Göttingen arbeiten nach Angaben des evangelischen Lagerpfarrers Martin Steinberg angesichts immer weiter steigender Flüchtlingszahlen an der Belastungsgrenze. "Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Landes Niedersachsen, der Bundesbehörden und der Wohlfahrtsverbände sind am Limit mit den fachlichen Angeboten und auch mit der psychischen Belastung", sagte Steinberg am Donnerstag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Das Lager Friedland ist eine von bislang fünf niedersächsischen Erstaufnahmen für Asylsuchende. Derzeit müssen dort rund 2.000 Flüchtlinge versorgt und untergebracht werden. Eigentlich ist die Einrichtung nur für rund 700 Menschen ausgelegt.

"Ärgerliche und heftige Szenen"

Den Mitarbeitern werde "auch von den Gästen manches zugemutet, und da gibt es auch sehr ärgerliche und heftige Szenen", sagte Steinberg. "Für die Arbeit heißt das: Klare Signale geben. Das geht und anderes geht nicht." Die notwendigen Leistungen würden erbracht, "für Illusionen und Kür-Übungen ist kein Raum und keine Zeit da".

Der Pastor widersprach Darstellungen von Flüchtlingen und Unterstützern, wonach die im Lager ausgegebenen Essensportionen teilweise nicht ausreichten. "Ich habe keinen gesehen, der ohne Essen den Speisesaal verlassen hat oder der nicht satt geworden ist", sagte Steinberg. Realität sei aber auch, dass Essensreste in erheblichem Umfang in den Müllbehältern und bei Abreise der Gäste auf den Zimmern zurückgelassen würden. Im Übrigen werde für Kleinkinder und Babys besondere Nahrung ausgegeben.

"Situation durchaus angespannt"

Es gelinge den Mitarbeitern auch, bei eingeschleppten Erkrankungen wie Krätze oder Windpocken die Ansteckungsgefahr möglichst klein zu halten. Den zu Wochenbeginn vom unabhängigen Beratungs- und Aktionszentrum Friedland erhobenen Vorwurf, Flüchtlinge müssten teilweise auf dünnen Matratzen oder in Zelten schlafen, wies Steinberg zurück. "Zeltunterbringungen sind nach meiner Kenntnis nur für Notfälle bei nächtlicher Aufnahme vorbereitet", sagte er. "Keiner will in Friedland Menschen in Zelten wissen."

Insgesamt sei die Situation Lager "durchaus angespannt und wirklich nicht begrüßenswert, aber zu verantworten", sagte Steinberg. Die Verantwortlichen im Lager, in den Kommunen, im Land und im Bund wüssten um die Lage. "Ihre Anstrengungen sind ehrlich und ernst."