Berlin, Frankfurt a.M. (epd)Pläne für ein Einwanderungsgesetz sind in der Koalition weiter umstritten. CSU- und CDU-Politiker äußerten sich am Mittwoch kritisch. Die Opposition in Berlin sprach von einem "Kuhhandel". Sie bezog sich damit auf Stimmen aus der SPD, die einer Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten für Asylbewerber zustimmen wollen, wenn im Gegenzug ein Einwanderungsgesetz neue Wege nach Deutschland eröffnen würde.
Der CDU-Bundesvorstand soll Mitte September einen Antrag für den Parteitag im Dezember beschließen, der die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung der Zuwanderung enthält. Medienberichten zufolge unterstützt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Pläne, die sich auf eine Arbeitsgruppe unter Leitung des nordrhein-westfälischen CDU-Chefs Armin Laschet stützen.
Bundestag: Bleiberecht und Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern
Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte im ARD-"Morgenmagazin" hingegen: "Ich sehe keinen Bedarf an neuen rechtlichen Regelungen." Es gehe darum, besser über bestehende Vorschriften zu informieren. Um den Fachkräftemangel zu beheben, gebe es bereits etliche Ausnahmeregelungen. Das Kabinett hatte am Vormittag als weiteren Schritt Praktika von den Vorrangprüfungen ausgenommen. Ziel ist, jungen Flüchtlingen mit einer guten Aussicht auf ein Bleiberecht den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Kritisch äußerte sich auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl. Er lehnte es ab, ein Einwanderungsgesetz mit den Asyl-Fragen zu verknüpfen. Es sei gut, wenn die SPD über die Einstufung weiterer Balkan-Staaten als sichere Herkunftsländer sprechen wolle, sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Nicht gut sei aber, wenn sie dies an Bedingungen knüpfen wolle. Die Einstufung der Westbalkan-Länder sei "ein zentraler Baustein", um das Problem steigender Flüchtlingszahlen zu lösen, sagte Strobl. Politiker aus Union und SPD plädieren dafür, auch Albanien, Kosovo und Montenegro zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, um aussichtslose Asylbewerber von dort schneller wieder abschieben zu können.
Zuletzt hatte SPD-Parteivize Torsten Schäfer-Gümbel die Frage der sicheren Herkunftsländer verknüpft mit Verhandlungen um ein Einwanderungsgesetz. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke nannte dies einen "Kuhhandel auf dem Rücken der Flüchtlinge". Mit vernünftiger Asyl-Politik habe das nichts zu tun, kritisierte sie.
Grüne fordern Einwanderungsgesetz
Ihr Kollege von den Grünen, Volker Beck, erklärte, Deutschland brauche ein Einwanderungsgesetz. Dafür müssten die Weichen heute gestellt werden. Wer sich wie die Bundesregierung "vor der Gestaltung der Zukunft aus Angst vor pöbelnden Rassisten am rechten Rand der Gesellschaft weitgehend drückt, verdient die Bezeichnung 'Regierung' nicht", sagte Beck.
Die frühere Bundestagspräsidentin und CDU-Politikerin Rita Süssmuth sagte dem WDR-Radio, ein Einwanderungsgesetz werde kommen. Es sei an der Zeit, nach der Integration auch die Zuwanderung zu regeln. Dafür müsse es klare Kriterien geben. diese müssten auch den Menschen in ihren Heimatländern bekanntgemacht werden, die nach Deutschland kommen wollen, sagte die 79-Jährige. Süssmuth hatte vor 15 Jahren eine nach ihr benannte Zuwanderungskommission geleitet, die ein Konzept für Einwanderung und Integration vorgelegt hatte.
Unterdessen korrigierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Zahlen der erwarteten Asylbewerber erneut nach oben. Einem Bericht der "Potsdamer Neuesten Nachrichten" zufolge, rechnet das Amt in diesem Jahr mit 600.000 neuen Flüchtlingen. Die Prognose steigt damit um weitere 100.000. Die Zahl der Neuankömmlinge würde sich damit gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppeln. Nach einer Untersuchung des Sachverständigenrats für Migration und Integration sind die Asylbewerber im Schnitt deutlich jünger als die deutsche Bevölkerung und überwiegend männlich. Es kommen aber auch überdurchschnittlich viele Mütter mit Säuglingen und kleinen Kindern.