Aufnahmeplätze im Südwesten geplant
Berlin, Frankfurt a.M. (epd)In der Asyl-Debatte wehrt sich der Deutsche Städtetag gegen den Eindruck, die Aufnahme von immer mehr Flüchtlingen sei für die Städte durchaus lösbar. Der kommunale Spitzenverband stellte am Dienstag in Berlin klar, Pressemeldungen über ein Interview mit dem Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Stephan Articus, enthielten Aussagen, die dieser so nicht getroffen habe.
Der Landkreistag forderte Augenmaß in der Asyl-Debatte und setzte sich für eine Unterscheidung der Asylbewerber ein in solche, die keine Aussichten auf Asyl hätten und diejenigen, die schutzbedürftig seien. In Baden-Württemberg sollen unterdessen knapp 6.000 zusätzliche Plätze für die Erstaufnahme von Flüchtlingen geschaffen werden. Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, äußerte sich besorgt darüber, dass immer mehr Flüchtlinge in Zeltstädten untergebracht werden müssen.
"Gewaltige Herausforderung"
Der Hauptgeschäftsführer des Städtetags Articus hatte im Gespräch mit der "Passauer Neuen Presse" (Dienstagsausgabe) unter anderem erklärt, die Kommunen mobilisierten alle Kräfte, um Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen und von einer "gewaltigen Herausforderung" gesprochen. Er betonte aber auch, die Städte seien weiter bereit, Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten und politisch Verfolgte aufzunehmen. In verschiedenen Meldungen war daraufhin der Eindruck erweckt worden, Articus habe betont, die Städte könnten noch viel mehr Flüchtlinge aufnehmen.
Articus hatte weiter erklärt, es werde vor Ort zwar immer schwieriger und die Provisorien würden immer häufiger, so Articus: "Aber einen Kollaps sehe ich nicht auf uns zukommen." Panikmache helfe nicht, die Probleme zu bewältigen, "das sieht der Bundesinnenminister sicher genauso." Er bezog sich damit auf Äußerungen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der intern vor einem "Kollaps" des Asylbewerber-Aufnahmesystems gewarnt haben soll.
In Deutschland werden für dieses Jahr etwa 450.000 Asylbewerber erwartet, etwa doppelt so viele wie im vergangenen Jahr.
Baden-Württemberg will Kapazitäten stark erhöhen
Articus forderte mehr finanzielle Hilfen vom Bund. Die Zusage des Bundes, sich ab 2016 strukturell und dauerhaft an den gesamtstaatlichen Kosten zu beteiligen, sei wichtig. "Diese Unterstützung muss möglichst bald konkretisiert werden, damit die Kommunen stärker entlastet werden", verlangte der Städtetags-Funktionär.
Der Landkreistag sprach sich dafür aus, aussichtslose Asylverfahren binnen drei Monaten abzuschließen und die Bewerber danach schnell abzuschieben. Der Kommunalverband befürwortet außerdem Überlegungen, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten um Albanien, Kosovo und Montenegro zu erweitern. Zugleich verurteilte der Verband die Angriffe auf Flüchtlinge und bekannte sich zur Verpflichtung der Landkreise, Flüchtlinge aufzunehmen und menschenwürdig unterzubringen.
Unterdessen will die baden-württembergische Landesregierung die Flüchtlingskapazitäten im Südwesten stark erhöhen. Bis zum Jahresende sollen bei der Erstaufnahme knapp 6.000 zusätzliche Plätze entstehen, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Montagabend in Stuttgart nach dem zweiten Flüchtlingsgipfel der Landesregierung. Im kommenden Jahr sollen die Kapazitäten um weitere 5.000 Plätze steigen. Das Land muss Prognosen zufolge in diesem Jahr zwischen 52.000 und 80.000 neue Asylbewerber aufnehmen.
Zeltstädte nur befristete Notlösung
Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, äußerte besorgt darüber, dass immer mehr Flüchtlinge in Zeltstädten untergebracht werden müssen. Die Situation habe sich in den vergangenen Wochen deutlich verschärft, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe). Zeltstädte könnten nur eine zeitlich befristete Notlösung sein.
Der Präsident der Hilfsorganisation zeigte sich entsetzt über Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und Helfer wie zuletzt in Dresden: "Das ist beschämend für unser Land." Gleichzeitig erlebten die Helfer des Roten Kreuzes aber auch eine große Welle der Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung, sagte Seiters.