Berlin (epd)Die Armut in Deutschland hat sich verfestigt. Zu diesem Schluss kommt die Nationale Armutskonferenz anlässlich ihres neuen "Schattenberichts", den sie am Freitag in Berlin vorlegte. Die Konferenz, der die Wohlfahrtspflege und zahlreiche Sozialverbände sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund angehören, macht dafür vor allem die Hartz-IV-Reformen verantwortlich. Der Bericht trägt den Titel: "Zehn Jahre Hartz IV - zehn verlorene Jahre".
Armut wird hingenommen
Jedes fünfte Kind wachse inzwischen in Armut auf, sagte der Sprecher der Konferenz, Frank Johannes Hensel, der auch Diözesan-Caritas für das Erzbistum Köln ist. Daran habe das 2011 eingeführte Bildungs- und Teilhabepaket nichts geändert. Armut und soziale Ausgrenzung würden von der Politik als fast schon unabänderlich hingenommen, kritisierte er. Fast zehn Prozent der Bevölkerung seien ausgegrenzt. Die Altersarmut werde zunehmen und die Zahl der Wohnungslosen bis 2019 auf mehr als eine halbe Million Menschen steigen, warnt die Armutskonferenz.
Dass die Armut noch weiter zunehme, zeigten unter anderem die Wohnungslosenzahlen, hieß es. Den Angaben zufolge waren im vergangenen Jahr 335.000 Menschen ohne Wohnung, fast 20 Prozent mehr als 2012. Allein für sozial Schwache würden jedes Jahr 150.000 neue Wohnungen gebraucht, 400.000 Wohnungen pro Jahr insgesamt. Verantwortlich seien die Politiker, die die Wohnungsfrage dem Markt überlassen und den Verlust Hunderttausender Sozialwohnungen nicht verhindert hätten.
Werena Rosenke von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe betonte angesichts der Flüchtlinge, die nun zusätzlich auf den Wohnungsmarkt drängen, müsse unbedingt vermieden werden, dass sie und die sozial Schwachen gegeneinander ausgespielt würden.
Gerechte Politik bestimmt Zusammenhalt
Die Nationale Armutskonferenz legt nach 2012 zum zweiten Mal einen "Schattenbericht" vor. In ihm kommen unter anderem Betroffene und Armutsforscher zu Wort.
Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, erklärte, die Bundesregierung dürfe nicht länger zusehen, wie immer mehr Menschen unterhalb des Existenzminimums lebten. Der soziale Zusammenhalt hänge davon ab, wie gerecht Politik sei. Sie forderte eine Vermögensabgabe und eine gerechte Erbschaftsteuer.
Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling (CDU), erklärte zum "Schattenbericht", Bildung sei der beste Schutz gegen Chancenlosigkeit und Armut. Gefährdete junge Menschen müssten in Bildung, Ausbildung und Arbeit zurückgeholt werden. Dazu habe die Regierung unter anderem das Programm "Respekt" aufgelegt.