"Es fällt schlichtweg auf, dass unsere, aber auch die Hilfen von anderen Organisationen seit diesem Jahr drastisch zurückgefahren werden mussten", sagte der Leiter des Berliner WFP-Büros, Ralf Südhoff, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Und obwohl der Krieg und auch die Flüchtlingswelle seit vier Jahren anhalten, gab es nie zuvor so eine Fluchtwelle."
Zwar habe man gerade neue Zusagen erhalten, aber das verbessere die weiterhin kritische Lage nur kurzfristig. Anfang 2015 musste das Hilfswerk laut Südhoff die monatlichen Lebensmittelrationen für die Flüchtlinge in Syrien kürzen. Die Pakete mit Nahrungsmitteln wie Teigwaren, Weizen, Salz und Öl lägen um rund ein Drittel unter dem tatsächlichen Bedarf. Die kleineren Nahrungsmittelrationen würden an rund vier Millionen Flüchtlinge im Bürgerkriegsland verteilt.
Im Gegensatz dazu bekämen Schutzsuchende in den Nachbarländern Geldkarten, "um Nahrungsmittel für einen Monat einkaufen zu können". Während jedes Familienmitglied 2014 beispielsweise im Libanon noch durchschnittlich 27 Dollar zugewiesen bekam, waren es seit Anfang des Jahres nur noch gut 13,50 Dollar monatlich, wie Südhoff erklärte. Mit den neuen Zusagen von etwa 40 Millionen Euro könnten die Geldkarten bis Weihnachten auf 21 Dollar erhöht werden. Dies entspreche etwa 80 Prozent des Mindestbedarfs.
Die Hilfe vor Ort sei "drastisch unterfinanziert", sagte Südhoff. Ende September habe man den Menschen nicht sagen können, "wie viel Hilfe sie denn ungefähr im nächsten Monat erwarten können". Zudem erhielten knapp 230.000 syrische Flüchtlinge in Jordanien überhaupt keine Hilfe, weil das Geld nicht für alle reiche.
Die Verzweiflung nehme massiv zu. Kinder gingen betteln statt zur Schule. Kranke könnten sich Medikamente nicht mehr leisten. Kriminalität und Prostitution seien gestiegen. Es gebe sogar Syrer, die in den Flüchtlingslagern sagten, "ich fliehe lieber zurück nach Syrien und riskiere dort mein Leben, als dass ich hier langsam verhungere", berichtete Südhoff. Trotzdem wollten viele Familien "nur im äußersten Notfall" die gefährliche Reise nach Europa antreten. "Wir glauben schon, dass viele Menschen in der Region bleiben würden, wenn sie ein etwas besseres Auskommen hätten".
Um alle syrischen Vertriebenen in und um Syrien mit dem Nötigsten zu versorgen braucht das WFP laut Südhoff noch etwa 177 Millionen US-Dollar bis Ende des Jahres. Zwar gebe es verschiedene Zusagen, es sei aber nicht klar, um wie viel es gehe und wann die Mittel kämen. Andere Geldgeber wie die Bundesregierung prüften noch, ob sie weitere Hilfen bereitstellen könnten, sagte Südhoff. Die deutsche Unterstützung beläuft sich bislang auf 62 Millionen Euro in diesem Jahr und liegt damit etwa beim Vorjahreswert. "Es gab noch nie eine Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, die so viel Hilfe erfordert wie Syrien."