Osnabrück, Düsseldorf (epd)Der Salafismus-Experte Michael Kiefer hat davor gewarnt, die Anwerbeversuche radikaler Islamisten in Flüchtlingsunterkünften zu dramatisieren. "Das hat es vereinzelt gegeben", sagte der Islamwissenschaftler der Universität Osnabrück dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Aber man sollte das nicht überbewerten. Es gibt derzeit keinen Anlass zu Sorge oder Alarmbereitschaft." Es handele sich noch um Ausnahmefälle.
Anfällig für radikale Parolen
Sollten sich allerdings die Schwierigkeiten bei der Unterbringung und Verteilung der Zuwanderer in Zukunft noch verschärfen, könne sich die Lage schnell ändern, schränkte Kiefer ein. "Wenn es nicht gelingt, die Flüchtlinge in absehbarer Zeit zu integrieren, sind sie anfällig für radikale Parolen." Möglicherweise seien die Menschen auch durch die erlittenen Traumata in ihrer Heimat und auf der Flucht besonders labil. "Aber wir wissen insgesamt noch zu wenig über die Neuankömmlinge."
All diese Unsicherheiten könnten gewaltbereite Neosalafisten künftig ausnutzen, sagte Kiefer. Integration sei deshalb die beste Prävention: "Die Menschen brauchen Arbeit, Sprache und müssen raus aus den Lagern." Dann liefen Anwerbeaktionen ins Leere.
Personal entsprechend schulen
Sozialarbeiter und Sicherheitskräfte sollten in den Einrichtungen jedoch durchaus auf der Hut sein und gegebenenfalls Hausverbote erteilen, riet der Experte. Es sei wichtig, dass das Personal entsprechend geschult werde. Der Islamwissenschaftler begleitet das Präventionsprogramm "Wegweiser" gegen gewaltbereiten Salafismus in Nordrhein-Westfalen. Die Nachfrage nach Fortbildung und Beratung in Schulen und Jugendhilfe-Einrichtungen sei ungebrochen.
Medien hatten wiederholt berichtet, dass radikale Muslime Flüchtlinge in Erstaufnahmelagern oder Notunterkünften ansprächen, Korane verteilten und die Hilfsbedürftigkeit ausnutzten. Der bayerische Verfassungsschutz warnte, ein bundesweit bekannter salafistischer Prediger habe auf seinem Facebook-Profil offen dazu aufgerufen, gezielt auf Neuankömmlinge zuzugehen und diese für die salafistische Szene zu gewinnen.