Vor allem seine Schriften "Vom Kriege widder die Türcken" und "Heerpredigt wider den Türcken" belegten, dass die "Zielscheibe" des Reformators ganz eindeutig der Papst gewesen sei.
Die Osmanen, die vor Wien lagerten, seien damals der Inbegriff heidnischen Unglaubens und die größte Bedrohung des Abendlandes gewesen, sagte die Professorin für Kirchengeschichte an der Gießener Justus-Liebig-Universität bei der Veranstaltung der Evangelischen Akademie Frankfurt "Martin Luther und der Islam". Diese Stimmung habe Martin Luther (1483-1546) geschickt ausgenutzt. Nach dem Motto "Der Türke ist schon schlimm, aber der Papst noch schlimmer", habe er die Papisten als "Feinde der Christus-Botschaft und Werkzeuge des Teufels" brandmarken können.
Die zur Reformationsgeschichte forschende Wissenschaftlerin ist sicher, dass Luther nicht die theologische Auseinandersetzung mit dem Islam oder gar einen Dialog im Sinne hatte. Inhaltlich sei ihm diese Religion ohnehin "nur vom Hörensagen und nicht durch ein eigenes Studium des Koran" bekannt gewesen. Um seinen Attacken gegen den Papst mehr Gewicht zu verleihen, habe sich Luther bisweilen sogar positiv über die Türken geäußert - stets mit der Intention, die Papisten damit in ein umso schlechteres Licht zu rücken.
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Auch aus einem anderen Grund konnte Luther nach Lexutts Ansicht "den Türken sehr dankbar sein". Deren Vorstöße ins Abendland hätten nämlich auch die "strenge Umsetzung des Wormser Ediktes und die konsequente Verfolgung seiner Anhänger unterbunden", sagte Lexutt. Da sich Kaiser Karl V. wegen der osmanischen Bedrohung nicht um "renitente Mönche und ihre Spießgesellen" kümmern konnte, habe sich die reformatorische Bewegung in aller Ruhe ausbreiten können.
In den Vorurteilen seiner Zeit gefangen und über fast keine Kenntnisse des Islam verfügend, seien für Luther die Türken ein willkommenes Hilfsmittel für die reformatorische Propaganda und Verteufelung der Papisten gewesen, fasste Lexutt zusammen. Im Gegensatz zu den radikalen Polemiken seiner späten Judenschriften spiele die Islamkritik des Reformators daher in der Rezeptionsgeschichte keine Rolle. "In der Islamkritik und Islamhetze der Gegenwart steckt so gut wie kein Martin Luther", sagte Lexutt.