Die Organisation erklärte, sie sei "angewidert" von Vertretern der afghanischen Regierung, die die Luftangriffe auf die einzige Unfallklinik im Norden Afghanistans mit der angeblichen Präsenz von Taliban-Kämpfern im Krankenhaus rechtfertigten. "Diese Statements implizieren, dass das afghanische und amerikanische Militär gemeinsam beschlossen haben, eine vollfunktionierende Klinik mit mehr als 180 Patienten und Mitarbeitern dem Erdboden gleichzumachen, indem sie behaupten, dass sich dort Taliban-Mitglieder befanden", heißt es in einer Erklärung. Dieses Vorgehen komme einem "Kriegsverbrechen" gleich. Am Samstag war die Klinik vermutlich von US-Kampfflugzeugen angegriffen und zerstört worden. Dabei starben mindestens 22 Menschen - darunter zwölf Mitarbeiter von "Ärzte ohne Grenzen".
Am Sonntag erklärte die Organisation ihren Rückzug aus Kundus. US-Präsident Barack Obama ?und das US-Verteidigungsministerium kündigten eine Untersuchung an. "Ärzte ohne Grenzen" hatte erklärt, die GPS-Koordinaten des medizinischen Zentrums in Kundus seien "an alle beteiligten Konfliktparteien, Washington und Kabul eingeschlossen," weitergegeben worden. Dieses Vorgehen ist üblich, um zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser zu schützen.
Zudem soll das Krankenhauspersonal in Kundus militärische Stellen in Kabul und Washington per Telefon davon informiert haben, dass die Klinik angegriffen werde. Dennoch sei das Hospital mehr als eine Stunde lang in Abständen von 15 Minuten bombardiert worden. Die Organisation betriebt die Klinik in Kundus seit mehr als vier Jahren. Die aufständischen Taliban hatten zuvor die strategisch wichtige Provinzstadt eingenommen. Seither versucht die afghanische Armee, unterstützt durch die Nato und das amerikanische Militär, die Stadt zurückzugewinnen.