Nach seiner Krönung betritt der Schützenkönig das Parkett für den Königswalzer. Ein ungewohntes Bild: Die "Schützenkönigin" an seiner Seite ist ein Mann. Der Sankt Sebastianus Schützenverein Düsseldorf-Bilk hat am Samstagabend in Düsseldorf erstmals ein schwules Schützenkönigspaar gekrönt.
Für ein Jahr lang sind Schützenkönig Udo Figge und sein Lebenspartner Dirk Jehle nun Kompanie-Königspaar. Der 51-jährige Figge sagte bei der Krönungsfeier vor knapp 200 Schützenbrüdern und -schwestern, das sei "die glücklichste Stunde" für ihn und seinen Mann. Die vom katholischen Dachverband der Schützenbruderschaften geforderte "Alibi-Frau" sei für ihn nicht infrage gekommen. Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften hatte vor der Krönung erklärt, man habe zwar keine Einwände gegen einen schwulen Schützenkönig, doch der christlichen Tradition wegen sollte dieser bei offiziellen Auftritten eine Frau an seiner Seite haben.
"Schützenkönigin" Dirk Jehle (44), von Beruf Sozialarbeiter, trug bei der Zeremonie im Vereinsheim einen schwarzen Anzug mit einer weißen Rose am Revers. Figge ist von Beruf Kaufmann und nach eigenen Angaben "Schütze durch und durch". Nach dem Umlegen der schweren Königskette tanzte das schwule Schützenkönigs-Paar den Walzer. In dem Lied hieß es: "Ich bin König, du bist meine Königin". Anschließend tanzten Figge und Jehle zum Marianne-Rosenberg-Hit "Du gehörst zu mir".
Am Ende gab es Beifall, Bravo-Rufe und zahlreiche Küsse des frisch gekrönten Königspaars. Figge, der seit 2002 mit Jehle verheiratet ist, hatte seinen Partner 1992 bei einer Karnevalsfeier kennen- und lieben gelernt. Sie seien im Verein schon immer offen mit ihrer Homosexualität umgegangen, sagte Figge, der für die SPD im Düsseldorfer Stadtrat sitzt.
"Ich wünsche uns allen ein verdammt schönes Königsjahr", rief der frisch gekrönte Schützenkönig zum Ende der Zeremonie. Er hatte sich Anfang August zum Kompaniekönig der Friedrichstädter Reserve im Sankt Sebastianus Schützenverein Düsseldorf-Bilk geschossen.
Die Bilker Schützen standen auch am Krönungsabend hinter dem Paar. "Wir freuen uns über die beiden", erklärte Vereins-Sprecher René Krombholz. Das Schützenwesen werde heute allzu oft als verstaubt angesehen: "Dabei leben wir die Toleranz doch schon so lange." Schützenkönig Figge appellierte an den Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften, andere Lebensentwürfe zu akzeptieren. "Wer Schwule im Verband aufnimmt, muss auch damit rechnen, dass diese irgendwann König werden."
Bereits 2011 hatte ein schwuler Schützenkönig aus Münster bundesweit für Diskussionen gesorgt. Schützenkönig Dirk Winter ging in Begleitung seines Lebenspartners zum Bundeskönigsschießen, der dabei aber einige Schritte hinter ihm laufen musste. 2012 hatte der Verband der Schützenbruderschaften dann entschieden, dass homosexuelle Schützenkönige nicht gemeinsam mit ihrem Partner öffentlich auftreten dürfen, sondern eine weibliche Begleitung wählen müssen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bezeichnete diese Benachteiligung als rechtswidrig.
Zurzeit diskutiert der katholische Dachverband über eine Öffnung der Traditionsvereine. Dabei geht es unter anderem auch um die Frage, wie Homosexuelle öffentlich auftreten sollen. Darüber soll bei einer Sitzung im November entschieden werden.
